Philipps Neuseelandblog

Rangitoto oder: Noch ein kleines Abenteuer

Diesen Tag habe ich in vollen Zügen genossen und ich hatte auch allen Grund dazu. Eine böse Zunge könnte behaupten, ich hätte Urlaub gemacht.
Ich bin früh aus dem Haus, denn mein Anliegen war es, die Vulkaninsel Rangitoto mit der Fähre zu erreichen und zu bewandern. Das klappte alles prima, auf der Fähre musste ich unweigerlich an meinen Vater denken und seine Liebe zum Meer, den Urlauben in Niendorf und den Aufenthalten in Hamburg. Diese Hafeneinfahrt ist einer der schönsten auf der Welt. Das türkisblaue Wasser und die grünen Hänge sind einfach nicht mit Elbe-Dreckswasser zu vergleichen (sorry, Benni). Ein wenig aus dem Hafen raus, landeten wir (d.h. die Leute auf der Fähre und ich) schon auf der üppig bewachsenen Insel. Rangitoto ist Maori und bedeutet, dass hier ein Kapitän sich ein verletzt hat. Ein komischer Name, wenn ihr mich fragt. Die Insel ist einer der größten Vulkane der Auckland-Region, wahrscheinlich ist sogar, dass er irgendwann in ferner Zukunft nochmal ausbricht, was natürlich katastrophal wäre. Früher wurde die Insel als Urlaubsort und als Kommandopunkt im zweiten Weltkrieg (der Neuseeland allerdings nie erreichte) benutzt, heute ist es Naturschutzgebiet und Wanderinsel. Sie ist dicht bewachsen mit für uns Teuto-Zöglinge exotischen Gewächsen: puscheliges Moos, Palmen, fremdartige Bäume. Auf der Asche und dem Lavagestein wächst es sich offensichtlich sehr gut. Ich machte mich zunächst allein auf dem Weg. Doch wurde mir schnell klar, dass ich keine Ahnung habe, wo ich bin. Kein Wunder, die Karte am Kai zeigt ja auch nur einen Bruchteil der Wege an. Ich treffe auf zwei kleine, sie sehen irgendwie britisch aus, Jungs und folge ihnen. Irgendwann gelange ich auf den Weg, der zum Krater führt. Im folgenden werde ich immer wieder auf zwei Familien treffen: Eine schweizer (?) Familie, dessen Vater mir etwas von seiner Sonnencreme abgibt (und deren Sprache ich einfach nicht verstehe). Obwohl es sehr windig und nicht wirklich heiß ist, brennt die Sonne hier.
Anschließend treffe ich während einer Pause auf eine zweite Familie. Der Vater geht nach kurzem Beobachten auf mich zu: “All right with you?” Diese Familie stellt sich als sehr liebe, nette, sympathische Familie heraus. Wir sind ein ganzes Stück zusammen gewandert und haben sehr nett miteinander gesprochen. Sie kommen aus SriLanka, die Mutter hat lange Zeit in Afrika gelebt, zuletzt in Simbabwe. Sie musste durch Unruhen immer fliehen und ist froh, jetzt in einem sicherem Land leben zu dürfen, in Neuseeland, Nelson. Durch die Konversation fällt der zum Teil erschwerliche Aufstieg viel leichter.
Nachdem sich unsere Wege getrennt habe, erreiche ich den Krater und die Aussichtsplattform in über 200 Meter Höhe. Eine gewaltige Aussicht erstreckt sich vor mir, wie ich sie selten oder nie gesehen habe. Ich kann über die Stadt hinaus blicken, grüne Inseln, blaues Wasser, eine frische Brise, Sonne, fremdes Vogelgezwitscher und die Familie wieder. Ich genieße den Ausblick, bis ich zu den Lavahöhlen aufbreche. Dort treffe ich wieder diese Familie! Wir bestaunen die Lavaformen und -höhlen, einen Tunnel und unser Los, weil wir uns gerade verlaufen haben. Es gab so viele Wege und wir wussten nicht, von welchem wir gekommen sind. Kleine Trampelpfade hängen sich wie ein Spinnennetz aneinander, teils verwachsen, teils beschwerlich durch das Lavagestein. Ich bewundere die beiden Kinder, die das alles als Abenteuer verstehen und nicht schlapp machen, der kleinste ist immerhin 5/6 Jahre! Man muss aber auch sagen, dass die Eltern ganz, ganz toll mit den Kindern umgehen, regelrecht beeindruckend. Wir haben den Weg zurück schnell gefunden, halb so wild. Aber ich habe mich toll unterhalten und nebenbei mein Englisch trainiert, was im Hostel ehrlich gesagt kaum möglich ist – hier sind ja hauptsächlich Deutsche. Nach insgesamt fünf Stunden sind wir auch wieder auf der Fähre, wo auf dem Oberdeck mehr als eine steife Brise wehte. Der Wind hatte eine solche Kraft, dass man sich anlehnen konnte. Ich kann mir sehr gut vorstellen, wie die Segelschiffe hier mir über achtzig Sachen entlang düsen, wie im Americas Cup gesehen (alle Neuseeländer sind nach deren Niederlage sehr, sehr traurig. Das ist hier so wie Fußball, ein Straßenfeger).
Auf dem Festland, gibt mir Kanishka, so heißt der Vater, seine Nummer. Sollte ich mal in Nelson sein, könnte ich mal vorbeikommen – es sei immer gut, wenn man jemanden kennt. Ich habe mich sehr darüber gefreut, herzlich ist der Abschied. Und nach diesem tollen Erlebnis gönne ich mir ein Eis. Für nur 7 Dollar! Es ist zwar lecker und hat so viele Kalorien wie eine Tonne Gummibärchen, aber ich hätte trotzdem wirklich auf das Preisschild gucken sollen. Ich muss nämlich sparen. Viel sparen. Das Geld geht weg wie Celebration, die man auf dem Tisch im Hostel vergessen hat. Und deshalb tue ich mich mit folgender Frage noch schwer: Kaufe ich mir eine Gitarre? Die günstigste hier lag bei 250 Dollar, Trash, aber das günstigste. Das wird noch zu entscheiden sein, wie ich das mache.
Zwei schon gefällte Entscheidungen: Ich habe wWooF (willing workers on organic farms) membership beantragt. Das bedeutet, dass ich auf Farmen für Unterkunft und Essen arbeiten kann. Außerdem habe ich zwei Nächte in Whangerei (Wh wie f aussprechen) gebucht, das ist also das nächste Ziel.
Zunächst muss ich hier noch die Wäsche klar machen, eine weitere große Herausforderung.

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