Philipps Neuseelandblog

Category: Schöne Tage

Zwischen Busch und Gitarre

Die Woche über ist nichts wirklich besonderes passiert, außer, dass ich gestern auf einem Ernährungstreffen war. Es gibt in Murupara eine deutsche Ärztin, deren Leidenschaft Ernährung ist; sie ist vegan und gibt Beratungsstunden und Kochunterricht für die, die es nötig haben – alles rund ums gesunde Essen. Christine geht da wohl regelmäßig hin und da ich nunmal gerne über Essen rede, habe ich gefragt, ob ich mitkommen kann. Nun ja, sie hätte mir sagen sollen, welches Level der Kurs hat und was für Leute dort sind: Senioren. Und dass Nüsse Fett enthalten, das ist ja wohl Grundwissen (tatsächlich waren viele überrascht…).
Menschen, die essen können, ohne dick zu werden, werden hierzulande “Pretzel” (Brezel) genannt. Britta sagte, es sei “der Jägertyp”. Ich habe mich gefragt, welcher Typ wohl die sind, die dick werden, wenn sie essen. Der “Sammlertyp”? Fettsammler…
Heute kam dann Gary ins Café. Gary ist ein Biologe und forscht nach der Ökologie des Awheto-Pilzes. Christine hat für Nate organisiert, Gary zu helfen, aber der schien plötzlich doch nicht mehr interessiert zu sein. Gut für mich, ich ergriff die Gelegenheit, mitzukommen. Wir fuhren in den Busch, in den wirklich unberührten Regenwald. Mit Schnüren steckten wir eine Fläche in Quadraten ab und Gary notierte Auffälligkeiten. Andrew, ein Mensch der Region, und ich hatten die Aufgabe, Awheto-Plize zu finden. Doch die Awhetos sind gut versteckt, es dauerte eine schrecklich lange Zeit. Aber es war toll, im Wald herumzuklettern und an einem richtigen Forschungsprojekt teilzuhaben, auch wenn wir keinen einzigen Pilz gefunden haben.
Dann fuhren wir zu einen zweiten Forschungsplatz, wo Gary und Andrew schon Pilze gefunden hatten. Ich fand noch einen, den die beiden übersehen hatten. Ich muss sagen, die äußere Erscheinung war eher enttäuschend, doch der unterirdische Teil ist interessanter. Beim Awheto handelt es sich nämlich um einen Parasiten.
Es gibt eine sehr markante Mottenart, die sehr große Exemplare an Motten zustande bringt. Deren Larven leben in der Erde glücklich vor sich hin, bis dieser Pilz kommt und sich von hinten durch die Made bis zum Mund wieder herausfrisst, durch die Erde sich dem Sonnenlicht entgegen reckt und einen circa zehn Zentimeter großen, braunen Stängel zum Vorschein bringt. Finde diesen winzigen Stängel im Unterholz! Wenn man ihn ausgräbt, sieht man noch die Larve, aus der er wächst, hart und trocken. Die Chinesen nutzen den Awheto in ihrer Medizin und zahlen wohl viel dafür, mehr als für Safran. Von daher ist es interessant, den Pilz industriell zu züchten. Trotzdem ist Gary ein Einzelkämpfer und auf Freiwillige wie dem stinkenden Andrew und mich angewiesen, obwohl es eigentlich sehr attraktiv ist.
Gary ist typisch Biologe. Weißer Bart, graues Haar, Genussmensch, Pi-mal-Daumen, Brille. Ich habe gelernt, dass Biologe-sein bedeutet, an der Basis zu sein, an der Front! Es ist recht anstrengend, durch den Busch zu krackseln und es ist nervenaufreibende Arbeit, Informationen zu sammeln, sammeln, sammeln. Es hat schon etwas fast romantisches. Da kann sogar ich mich für Ökologie begeistern, ganz anders als in der Schule!

Danach haben Gary und Andrew mein Konzert in dem Café besucht. Ich habe gespielt, was ich immer spiele, diesmal aber auf meinem selbst gebauten Notenständer. Und jetzt bin ich sehr, sehr müde (vielleicht merkt man es an meinem Schreibstil?). Morgen erwartet mich eine Paddeltour, noch ein sehr langer Tag! Aber er wird bestimmt schön!

Mein selbstgebauter Notenständer

Mein selbstgebauter Notenständer

 

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Die neue Gitarre

Ich, auf der Jagd.

Ich, auf der Jagd.

 

Dies und das

Wwoofing war definitiv die richtige Idee. Ich habe wieder tolle Sachen erlebt. Zuerst aber möchte ich nochmal etwas zum Wwoofen erzählen.

Wwoofen

Das Wwoof-Prinzip ist eigentlich ganz einfach. Es steht für “Willing workers on organic farms”. Es sollen Farmen oder Privatpersonen gefördert werden, die ökologisch/biologisch/organisch anbauen, und natürlich die “Willing Workers”. Alle Hosts (die Farmen) sind im Internet und in der Wwoof-Bibel verzeichnet. Um an einen Platz zu komme, muss man einfach nur anrufen oder eine Mail schreiben. Hat man dann einen Platz, bekommt man für die geleistete Arbeit kostenlose Unterkunft und Essen (das dann aber auch bitteschön organisch sein soll).
Ich wwoofe momentan immer noch in Murupara, im Café DiPherent – ein winziges Café. Es hat erst letztes Jahr aufgemacht – das Gebäude, das Christine gekauft hat, ist noch nicht fertig renoviert, Wwoofer (Ketka, Vaclav und ich) führen es im Moment weiter. Im Zuge dessen habe ich unter anderem eine Tür gestrichen, ein Schild gemalt, Gitarrenkonzert gegeben, aufgeräumt, sauber gemacht, Bilder aufgehängt, etc.
Am ersten Tag hier, was ja auch schon eine ganze Woche her ist, kam Wiki, eine Freundin vn Christine in das Café. Sofort fragte sie mich, ob ich nicht sie und Terry besuchen wolle, sie wollten mir den Busch (den Wald) zeigen. Ich stimmte zu. Und dann haben wir das vorgestern auch gemacht.

Der Busch

Ich wurde früh wach. Ich guckte auf mein iPad, oh sechs Uhr. Dann skypt mich Martin an: “Hey, Philipp, wie spät ist es denn bei dir, 9 Uhr?” Nee, sechs Uhr, aber egal. Ich musste eh früh raus, wegen dem Busch. Wiki holte mich ab, ich sah das erste mal Terry, der nach einem Nervenzusammenbruch “‘nen Schlach weg hat”. Insgesamt seien die beiden ein bisschen ungewöhnlich, hat mich Christine vorgewarnt. Wiki glaubt an die Geister in den Bäumen und so, aber auch an Gott. Die beiden wohnen fern der Zivilisation am Waldesrand, ohne Telefon und Internet und kaum Radio.
Das Haus ist sehr klein. Es gibt keine Heizung, nur einen Kamin. Es ist nicht das sauberste Haus, das hatte ich aber schon irgendwie geahnt. Um die Ecke ist eine Kuhweide mit Kühen, die ganz schön viel muhen. Das ist wie ein “Auf dem Land-Highway”. Nach einem Tee mit Kuchen und einem Schnack mit Scott, einem Freund des Paares, ging es ab in den Busch.
Wir sind mit Scotts Auto gefahren, ein riesiger Jeep (Toyota Landcruiser) mit einem Lenkrad so groß wie eine Pizza giganta und Steuerknüppel wie ein Baseballschläger. Scott ist mit uns über Stock und Stein und Schotter gefahren – mit Driften und so. Es versprach also ein richtiger Männer-Tag zu werden…
Scott und Terry kennen sich vom Jagen her, Wildschwein, Reh und Possum. Terry konnte mir die Namen für Pflanzen und Tiere sagen, Scott führte mich in die Kunst des Hantierens mit Kompass, GPS-Gerät und Karte ein. Wir wanderten zur Anehaki (ich glaube, so hieß es) -Lagoon. Die war zwar trocken, aber trotzdem ganz schön. Terry fand einen wie ein Speer geschnitzten Stock (vielleicht eine uralte Maori-Waffe?), den er unbedingt behalten wollte. Ich trug ihn bis zum Auto.
Der Busch. Ganz anders, als unser Wald. Erster Unterschied: Er ist wild. Das heißt, dass wenn ein Baum umfällt, er nicht weggeräumt wird, wie das bei uns ist. Alles wird sich selbst überlassen. Der Teutoburger Wald ist ja eigentlich ein Garten, mit Förstern als seinen Gärtnern, die alles hübsch zurecht stutzen, hier ein bisschen Unkraut wegmachen, da ein Bäumchen fällen und so weiter. Der Busch ist anders. Der DoC sägt zwar manchmal eine Lücke in einen umgestürzten Baum, sofern einer auf den Weg gefallen ist, aber das war es. Es war echt schön, die Natur zu sehen, die so ganz anders ist, als zu hause, oder was man so kennt.
Danach sind wir auf einen Platz mit Picknicktisch gefahren, beim Mangemate-Fall. Ich habe ein paar Cracker erwartet, aber nein. Terry holte eine große Kiste aus den Kofferraum: mit vielen Sistemaboxen (neuseeländische Tupperdosen), die beinhalteten…
…Gelbe Paprika, rote Paprika, Lachs, Bacon, Kuchen, KitKat, Käse, eingelegte Zwiebeln, Tomaten, geschmierte Brotscheiben (Vollkorn), Christines Kartoffelbrot, L&P Limonade, Nüsse, Zucker und Cracker. Scott hat zusätzlich noch Tee mit seinem Campingkocher gekocht. Den Tee lässt sich ein echter Kiwi nicht nehmen. Es war ein wunderbares Sandwich-Buffet.
Leider hat es danach angefangen zu regnen, sodass wir vom zweiten Track absehen mussten und zum Haus von Wiki und Terry fuhren. Dort hatte ich mit Scott wieder, diesmal Nüsse knackend, einen netten Schnack, wonach ich ein paar Töne mit der Gitarre erklingen ließ (wahrscheinlich der Grund, warum ich eingeladen wurde). Währenddessen bereitete Wiki Dinner vor. Und ich sage euch, werte Leser, das war ein königliches Mahl…
…Reh (Stroganoff), Spinatgemüse, weiße und gelbe Kumara, Gratin mit Blumenkohl (und mehr) sowie Quiche und Fingerfood wie Käse, Camembert (sehr teuer hier, mit hundert Gramm bist du schnell bei 10 Dollar), Zwiebel und Paprika. Als Nachtisch gab es Pancake. Großen Pancake. Mit Sahne, Erdbeere, Heidelbeere und Eis. Ich konnte nicht alles aufessen, hätte ich es getan, hätte ich den Abend putzend verbracht…
Ich genoss also das Essen, die andern genossen die Musik. Terry war ganz stolz, zu zeigen, was er auf dem Piano drauf hat. Das war allerdings nicht sonderlich viel, das hilflos (teilweise bis zum Halbton) verstimmte Klavier sorgte dafür, dass der Genuss mehr auf seiner Seite lag, denn auf unserer. Wiki versuchte durch mitsingen noch ein bisschen zu retten. Nun ja… So klang der Blues und die Gospel-Christmas-Carols wenigstens “authentisch”.

Der nächste Tag war nicht sonderlich aufregend, außer, dass ich mit der Gitarre im Radio war. Ich habe das Prélude von Villa-Lobos für die lokale Welle gespielt und alle waren happy. Das große Versprechen, es aufzunehmen mit großer Videokamera und total besonders, entpuppte sich als Farce. Sie haben mich einfach mit dem Handy gefilmt. Toll. Das habe ich zuhause auch schon gemacht, mit einer richtigen Kamera… Die waren nicht einmal fähig, den Ton des Mikrofons aufzunehmen. Aber es war nicht genug Zeit, um für die Audacity zu downloaden und ihnen zu zeigen, wie das geht. Naja, egal. Das ist eben Murupara.

Heute war ein recht anstrengender Tag. Ich habe ein Schild mit einem Schriftzug versehen, was ich morgen noch vervollständigen werde. Jetzt sitze ich gerade im Auto nach Taupo. Warum?, wird sich der werte Leser fragen, warum sitzt der Junge im Auto, ausgerechnet nach Taupo, dem 1 1/2 Stunden entfernt liegenden Taupo? Heute kam eine Frau ins Café, deren Sohn ihr den Arm gebrochen hat, oder so ähnlich. Die Geschichte versteht niemand. Sie fragt Christin: “Kannst du mich nach Taupo fahren?” Da wohnt sie nämlich, sie kann so nicht Auto fahren (öffentliche Verkehrsmittel gibt es in Neuseeland so gut wie nicht) und ist ein armer Tropf.
Jetzt sitze ich auch im Auto, schreibe meinen Blog und werde auf der Rückfahrt in heißen Quellen baden. Irgendetwas muss man ja auch davon haben. Ach ja, was ist schwarz und stinkt? Der Hund, Noah, der neben mir sitzt und vor sich her stinkt.

U wie Whale Bay

In der Nacht auf gestern haben wir, also Nils und ich, in der Bunkdown Lodge übernachtet, es war nicht so schlimm wie erwartet, es war ok. Morgens dann noch mit meinen Eltern samt Natalie und Stephan geskypet, das kam gut. Doch ich war froh, als ich dann wieder in das geliebte Hostel, ablegen von der Stadt, ziehen konnte. Es ist wirklich sehr schön, heute werde ich noch Bilder hochladen, nette Leute, sehr gute Betten, alles geschmackvoll eingerichtet, wundervoll. Auch der Hauswirt ist ein echt cooler Kerl. Ich könnte mir echt vorstellen, hier noch eine Woche zu verbringen, deshalb hoffe ich, dass das Angebot, bei einem Italiener zu arbeiten, funktioniert. Es wäre genial – ich könnte hier bleiben, ein bisschen Geld akkumulieren, auch wundervoll.
Als ich also gestern, Sonntag, wieder in der Little Earth Lodge einziehen konnte, war mein Plan, Whangereis Kauri Bäume und Wasserfälle anzuschauen. Doch mein Plan wurde auf glückliche Weise durchkreuzt: Roscha und Bastian sowie Pia und Lukas fragten mich, ob wir zusammen zur Whale Bay fahren wollen, wo man Wale sehen können soll (die vier kannte ich ja schon von den drei Tagen davor; Lukas und Pia halten in diesem Hostel für zwei Wochen Haus und bekommen dafür Unterkunft, Roscha und Bastian sind ein nettes Paar aus Karlsruhe bzw. Hamburg). Die Tour sollte mit meinem Auto stattfinden, da es das einzige ist, was 5 Sitze hat – ich war also Fahrer. Ich befand es als gute Idee und so ging es direkt nach Einchecken los.
Wir fuhren eine drei viertel Stunde zur über kurvenreiche Straßen durch eine üppig bewachsene Hügellandschaft mit ständig wechselnder Vegetation. Es wechselt konstant zwischen Allgäu und Tropenwald, erstaunlich.
Irgendwann haben wir einfach angehalten, das war nach Ngunguru und ich hatte den ersten wirklichen Moment, in dem man alle in Deutschland Gebliebene neidisch macht. Eine Bucht ungeahnter Schönheit erstreckte sich vor uns, in der Ferne Inseln wie Fingerhüte, einfach aus dem Wasser ragend.
Die nächste wunderbare Bucht war die Whale Bay. Sie ist wesentlich größer, aber von anderer Vegetation. Steilküsten dominieren das Bild, Auenland-Hügel reichen bis zum Wasser. Wir hielten eine Weile nach Walen Ausschau, konnten leider keine entdecken. Also genossen wir einfach die Natur. Auf der Rückfahrt habe ich dann richtig gut getankt, für 2,06 Dollar, das ist voll das Schnäppchen.
Wieder “zuhause” habe ich erstmal gekocht. Nachdem ich seit drei Tagen Spaghetti mit Schafkäse gegessen habe, musste Abwechslung her: Kartoffeln an Möhren-Porree-Gemüse und gebratenen Haloumnikäse. Gebratener Haloumnikäse, eine Spezialität, die ich bei Roscha und Bastian kennengelernt habe. Es ist so lecker, dass ich das unbedingt zu hause in Deutschland einführen muss. Ich war nach der Kocharie zufrieden und rund… Nur eine Sache störte: Ein penetrantes Kratzen im Hals. Als ich heute morgen aufwachte, hatte es sich verstärkt. Ich wusste auch sofort, woher es kam. In den Abbey Caves war es sehr kalt und auch morgens fraß die Kälte sich durch meine Füße. Außerdem war ich in der letzten Zeit immer sehr geschäftig, ich hatte immer das Hefühl, ganz viel tun zu müssen und stand deshalb immer unter Spannung. Jetzt sendet mein Körper ein Signal: “Hey, Stopp.”
Heute werde ich also relaxen und einmal mein Auto zur Reparatur bringen, ich verspreche davon auch eine Wertsteigerung. Dann wird heute Abend hier ein Feuerchen gemacht, das wird sicher schön.

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Rangitoto oder: Noch ein kleines Abenteuer

Diesen Tag habe ich in vollen Zügen genossen und ich hatte auch allen Grund dazu. Eine böse Zunge könnte behaupten, ich hätte Urlaub gemacht.
Ich bin früh aus dem Haus, denn mein Anliegen war es, die Vulkaninsel Rangitoto mit der Fähre zu erreichen und zu bewandern. Das klappte alles prima, auf der Fähre musste ich unweigerlich an meinen Vater denken und seine Liebe zum Meer, den Urlauben in Niendorf und den Aufenthalten in Hamburg. Diese Hafeneinfahrt ist einer der schönsten auf der Welt. Das türkisblaue Wasser und die grünen Hänge sind einfach nicht mit Elbe-Dreckswasser zu vergleichen (sorry, Benni). Ein wenig aus dem Hafen raus, landeten wir (d.h. die Leute auf der Fähre und ich) schon auf der üppig bewachsenen Insel. Rangitoto ist Maori und bedeutet, dass hier ein Kapitän sich ein verletzt hat. Ein komischer Name, wenn ihr mich fragt. Die Insel ist einer der größten Vulkane der Auckland-Region, wahrscheinlich ist sogar, dass er irgendwann in ferner Zukunft nochmal ausbricht, was natürlich katastrophal wäre. Früher wurde die Insel als Urlaubsort und als Kommandopunkt im zweiten Weltkrieg (der Neuseeland allerdings nie erreichte) benutzt, heute ist es Naturschutzgebiet und Wanderinsel. Sie ist dicht bewachsen mit für uns Teuto-Zöglinge exotischen Gewächsen: puscheliges Moos, Palmen, fremdartige Bäume. Auf der Asche und dem Lavagestein wächst es sich offensichtlich sehr gut. Ich machte mich zunächst allein auf dem Weg. Doch wurde mir schnell klar, dass ich keine Ahnung habe, wo ich bin. Kein Wunder, die Karte am Kai zeigt ja auch nur einen Bruchteil der Wege an. Ich treffe auf zwei kleine, sie sehen irgendwie britisch aus, Jungs und folge ihnen. Irgendwann gelange ich auf den Weg, der zum Krater führt. Im folgenden werde ich immer wieder auf zwei Familien treffen: Eine schweizer (?) Familie, dessen Vater mir etwas von seiner Sonnencreme abgibt (und deren Sprache ich einfach nicht verstehe). Obwohl es sehr windig und nicht wirklich heiß ist, brennt die Sonne hier.
Anschließend treffe ich während einer Pause auf eine zweite Familie. Der Vater geht nach kurzem Beobachten auf mich zu: “All right with you?” Diese Familie stellt sich als sehr liebe, nette, sympathische Familie heraus. Wir sind ein ganzes Stück zusammen gewandert und haben sehr nett miteinander gesprochen. Sie kommen aus SriLanka, die Mutter hat lange Zeit in Afrika gelebt, zuletzt in Simbabwe. Sie musste durch Unruhen immer fliehen und ist froh, jetzt in einem sicherem Land leben zu dürfen, in Neuseeland, Nelson. Durch die Konversation fällt der zum Teil erschwerliche Aufstieg viel leichter.
Nachdem sich unsere Wege getrennt habe, erreiche ich den Krater und die Aussichtsplattform in über 200 Meter Höhe. Eine gewaltige Aussicht erstreckt sich vor mir, wie ich sie selten oder nie gesehen habe. Ich kann über die Stadt hinaus blicken, grüne Inseln, blaues Wasser, eine frische Brise, Sonne, fremdes Vogelgezwitscher und die Familie wieder. Ich genieße den Ausblick, bis ich zu den Lavahöhlen aufbreche. Dort treffe ich wieder diese Familie! Wir bestaunen die Lavaformen und -höhlen, einen Tunnel und unser Los, weil wir uns gerade verlaufen haben. Es gab so viele Wege und wir wussten nicht, von welchem wir gekommen sind. Kleine Trampelpfade hängen sich wie ein Spinnennetz aneinander, teils verwachsen, teils beschwerlich durch das Lavagestein. Ich bewundere die beiden Kinder, die das alles als Abenteuer verstehen und nicht schlapp machen, der kleinste ist immerhin 5/6 Jahre! Man muss aber auch sagen, dass die Eltern ganz, ganz toll mit den Kindern umgehen, regelrecht beeindruckend. Wir haben den Weg zurück schnell gefunden, halb so wild. Aber ich habe mich toll unterhalten und nebenbei mein Englisch trainiert, was im Hostel ehrlich gesagt kaum möglich ist – hier sind ja hauptsächlich Deutsche. Nach insgesamt fünf Stunden sind wir auch wieder auf der Fähre, wo auf dem Oberdeck mehr als eine steife Brise wehte. Der Wind hatte eine solche Kraft, dass man sich anlehnen konnte. Ich kann mir sehr gut vorstellen, wie die Segelschiffe hier mir über achtzig Sachen entlang düsen, wie im Americas Cup gesehen (alle Neuseeländer sind nach deren Niederlage sehr, sehr traurig. Das ist hier so wie Fußball, ein Straßenfeger).
Auf dem Festland, gibt mir Kanishka, so heißt der Vater, seine Nummer. Sollte ich mal in Nelson sein, könnte ich mal vorbeikommen – es sei immer gut, wenn man jemanden kennt. Ich habe mich sehr darüber gefreut, herzlich ist der Abschied. Und nach diesem tollen Erlebnis gönne ich mir ein Eis. Für nur 7 Dollar! Es ist zwar lecker und hat so viele Kalorien wie eine Tonne Gummibärchen, aber ich hätte trotzdem wirklich auf das Preisschild gucken sollen. Ich muss nämlich sparen. Viel sparen. Das Geld geht weg wie Celebration, die man auf dem Tisch im Hostel vergessen hat. Und deshalb tue ich mich mit folgender Frage noch schwer: Kaufe ich mir eine Gitarre? Die günstigste hier lag bei 250 Dollar, Trash, aber das günstigste. Das wird noch zu entscheiden sein, wie ich das mache.
Zwei schon gefällte Entscheidungen: Ich habe wWooF (willing workers on organic farms) membership beantragt. Das bedeutet, dass ich auf Farmen für Unterkunft und Essen arbeiten kann. Außerdem habe ich zwei Nächte in Whangerei (Wh wie f aussprechen) gebucht, das ist also das nächste Ziel.
Zunächst muss ich hier noch die Wäsche klar machen, eine weitere große Herausforderung.

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Gradus ad Panassum

Heute war (bisher) ein guter Tag. Ich habe in der Frühe mit meinen Eltern geskypet, was sehr gut getan hat. ich glaube, das mache ich jetzt sonntags immer so. Dann frühstücken, was gut war, weil ich mir von gestern Cornflakes aufgespart habe, sodass ich heute deftig frühstücken konnte. Anschließend machte ich mich dann auf den Weg zum Mount Eden, das war mein Plan. Mit dem Bus kann man für sehr günstige 1,90 NZD zum One Tree Hill fahren, von da zum Mt Eden und von da wieder zurück laufen. Eines muss ich noch erwähnen: Auckland ist auf über 40 Vulkanen gebaut, einige davon ragen als große, mit Rasen grün überwachsene Krater heraus. Der sicherlich eindrucksvollste ist jener Mt Eden, mit über 200 m! Mitten in der Stadt!
Doch ich hatte meine Rechnung nicht mit den Haltestellen gemacht. Ich fand einfach nicht die richtige. Also ging ich einmal um die Ecke zu meinem zweiten Tagesziel heute, dem Skytower, nachdem ich den Mt Eden erstmal verschoben habe. Der Tower ist mit dem Fernsehturm in Berlin vergleichbar, doch die Aucklander sind auf Ihrem stolzer als die Berliner auf ihren Fernseturm, was daran liegt, dass er erstens größer ist als der Turm der Australier und zweitens den höchste Turm der südlichen Hemisphäre darstellt. Ich also darauf. Von oben hat man einen 360 Grad Rundblick über Auckland, was sehr beeindruckend war. Ich bin noch neun Etagen weitergefahren, wo man die Bungeespringer beobachten konnten. Die Waghalsigen hielten zum Spektakel der Szenerie, die mir dargeboten wurde, aber nur geringfügig mit. Man muss nämlich wissen: Auckland ist einer der größten Städte der Welt – Flächenmäßig. Man sieht Einfamilienhäuser, soweit das Auge reicht. Und ganz viel Wasser. Und Segelboote! In der City of Sails hat nämlich jeder dritte Aucklander ein Boot.
Kurzum, ein wunderbares Bild. Auf dem Bild sieht man übrigens auch den Mt Eden, der größte der grünen, puscheligen Hügel.

Wieder unten, nahm ich den City Link (ein Bus, ich war nämlich inzwischen spät dran mit dem Mt Eden, wo ich ja noch hinwollte, ich wollte also nochmal die Bushaltestelle suchen, womit ich dorthin komme) und als ich ausstieg, kamen mir Lena, Michelle und Hannah entgegen. De ersteren sind beide von Travelworks, Hannah macht Au Pair in Auckland (und hat anscheinend viel Glück mit der Familie gehabt). Sie kennen sich alle drei, kommen aus der Ecke Siegen sind in eine Stufe gegangen. Wie der Zufall es wollte, waren sie auf dem Weg zum Mt Eden und da Hannah mit den Gasteltern schon einmal dort war, war es ganz entspannt, als ich mir den dreien den Bus, Outer Link, dorthin nahm (zuvor aber noch einen sehr leckeren Cookie gegessen!). Blöd nur, dass die Busfahrerin sich verfahren hat. Wir haben nach kurzer Odyssee aber den Aufstieg geschafft, was übrigens ganz schön anstrengend war und beträchtlichen Hunger evozierte. Zum Glück war ich nochmal einkaufen!
Vom Berg aus hat man einen wunderbaren Blick auf die Stadt und auf den Krater. Nach Maorilegende ist es der Futtertopf für einen Gott “der Dinge, die verborgen in de Erde liegen” oder so ähnlich. Ich glaube, es ist das Hermannsdenkmal der Aucklander.
Plötzlich drohte ein gewaltiger Regen aufzuziehen und es wurde windig, schlagartig. In ca. Zwei km Entfernung sah ich eine gewaltige Regenwand sich zum Mt Eden wälzen. Sie schickte leichte Tröpfchen voraus, was das Fotografieren leider erschwerte. Doch oh wie Wunder zog es vorbei und wir sahen uns mit einer Warmluftfront konfrontiert, was beim steilen Abstieg für die eine oder andere Schweißperle sorgte. Die Busfahrt hatte wieder Odyssee-Charakter. Falscher Bus und so. Leider wurde so der Ausflug um 3,40 teurer. Aufgrund meinem jetzigen, notwendigen Duktus, mehr zu sparen, war das irgendwie blöd. Doch ein richtiger Kiwi lässt sich davon nicht aus der Ruhe bringen!

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Wieder im Hostel, habe ich ein bisschen Papierkram gemacht. Ich habe zum Beispiel herausgefunden, dass Auslandsüberweisungen nicht online bei der Sparkasse gehen. NZ ist da lockerer. Für mein Neuseelandkonto mit Onlinebanking habe ich einfach mir einen Benutzernamen mit Passwort ausdenken müssen. TAN-Generator? Nie gehört. Ein Klick, die Überweising ist fertig. Ist natürlich praktischer, ganz nach der NZ-Maxime “because it’s easy”. Naja, dann habe ixh herausgefunden, dass Parken hier tagsüber umsonst ist, was gut ist, und die Kontrolleure ziemlich streng. Um acht Uhr abends sollte ich mir ein Ticket holen…

Heute Abend haben wir gekocht. “Reis mit Scheiße” nannte es Julia, eine von Travelworks, die auch im anderen Hostel untergebracht ist, mit vollem Ernst und ohne jegliche negative Konnotation. Also, da ist mir Papas Bezeichnung “Reisfleisch” lieber, gut, das war mit Gemüse. Man könnte es Reisgemüse oder Gemüsereis nennen.

Morgen wird es regnen. Ich glaube ich gehe in ein Museum oder soetwas. Vielleicht in die Auckland Art Gallery. Außerdem habe ich ein Seminar bei Work’n'Holiday über Arbeitssuche. Jetzt plane ich Moment die nächsten Tage. Ich glaube, das war der erste richtig gute Tag.