Philipps Neuseelandblog

Dies und das

Wwoofing war definitiv die richtige Idee. Ich habe wieder tolle Sachen erlebt. Zuerst aber möchte ich nochmal etwas zum Wwoofen erzählen.

Wwoofen

Das Wwoof-Prinzip ist eigentlich ganz einfach. Es steht für “Willing workers on organic farms”. Es sollen Farmen oder Privatpersonen gefördert werden, die ökologisch/biologisch/organisch anbauen, und natürlich die “Willing Workers”. Alle Hosts (die Farmen) sind im Internet und in der Wwoof-Bibel verzeichnet. Um an einen Platz zu komme, muss man einfach nur anrufen oder eine Mail schreiben. Hat man dann einen Platz, bekommt man für die geleistete Arbeit kostenlose Unterkunft und Essen (das dann aber auch bitteschön organisch sein soll).
Ich wwoofe momentan immer noch in Murupara, im Café DiPherent – ein winziges Café. Es hat erst letztes Jahr aufgemacht – das Gebäude, das Christine gekauft hat, ist noch nicht fertig renoviert, Wwoofer (Ketka, Vaclav und ich) führen es im Moment weiter. Im Zuge dessen habe ich unter anderem eine Tür gestrichen, ein Schild gemalt, Gitarrenkonzert gegeben, aufgeräumt, sauber gemacht, Bilder aufgehängt, etc.
Am ersten Tag hier, was ja auch schon eine ganze Woche her ist, kam Wiki, eine Freundin vn Christine in das Café. Sofort fragte sie mich, ob ich nicht sie und Terry besuchen wolle, sie wollten mir den Busch (den Wald) zeigen. Ich stimmte zu. Und dann haben wir das vorgestern auch gemacht.

Der Busch

Ich wurde früh wach. Ich guckte auf mein iPad, oh sechs Uhr. Dann skypt mich Martin an: “Hey, Philipp, wie spät ist es denn bei dir, 9 Uhr?” Nee, sechs Uhr, aber egal. Ich musste eh früh raus, wegen dem Busch. Wiki holte mich ab, ich sah das erste mal Terry, der nach einem Nervenzusammenbruch “‘nen Schlach weg hat”. Insgesamt seien die beiden ein bisschen ungewöhnlich, hat mich Christine vorgewarnt. Wiki glaubt an die Geister in den Bäumen und so, aber auch an Gott. Die beiden wohnen fern der Zivilisation am Waldesrand, ohne Telefon und Internet und kaum Radio.
Das Haus ist sehr klein. Es gibt keine Heizung, nur einen Kamin. Es ist nicht das sauberste Haus, das hatte ich aber schon irgendwie geahnt. Um die Ecke ist eine Kuhweide mit Kühen, die ganz schön viel muhen. Das ist wie ein “Auf dem Land-Highway”. Nach einem Tee mit Kuchen und einem Schnack mit Scott, einem Freund des Paares, ging es ab in den Busch.
Wir sind mit Scotts Auto gefahren, ein riesiger Jeep (Toyota Landcruiser) mit einem Lenkrad so groß wie eine Pizza giganta und Steuerknüppel wie ein Baseballschläger. Scott ist mit uns über Stock und Stein und Schotter gefahren – mit Driften und so. Es versprach also ein richtiger Männer-Tag zu werden…
Scott und Terry kennen sich vom Jagen her, Wildschwein, Reh und Possum. Terry konnte mir die Namen für Pflanzen und Tiere sagen, Scott führte mich in die Kunst des Hantierens mit Kompass, GPS-Gerät und Karte ein. Wir wanderten zur Anehaki (ich glaube, so hieß es) -Lagoon. Die war zwar trocken, aber trotzdem ganz schön. Terry fand einen wie ein Speer geschnitzten Stock (vielleicht eine uralte Maori-Waffe?), den er unbedingt behalten wollte. Ich trug ihn bis zum Auto.
Der Busch. Ganz anders, als unser Wald. Erster Unterschied: Er ist wild. Das heißt, dass wenn ein Baum umfällt, er nicht weggeräumt wird, wie das bei uns ist. Alles wird sich selbst überlassen. Der Teutoburger Wald ist ja eigentlich ein Garten, mit Förstern als seinen Gärtnern, die alles hübsch zurecht stutzen, hier ein bisschen Unkraut wegmachen, da ein Bäumchen fällen und so weiter. Der Busch ist anders. Der DoC sägt zwar manchmal eine Lücke in einen umgestürzten Baum, sofern einer auf den Weg gefallen ist, aber das war es. Es war echt schön, die Natur zu sehen, die so ganz anders ist, als zu hause, oder was man so kennt.
Danach sind wir auf einen Platz mit Picknicktisch gefahren, beim Mangemate-Fall. Ich habe ein paar Cracker erwartet, aber nein. Terry holte eine große Kiste aus den Kofferraum: mit vielen Sistemaboxen (neuseeländische Tupperdosen), die beinhalteten…
…Gelbe Paprika, rote Paprika, Lachs, Bacon, Kuchen, KitKat, Käse, eingelegte Zwiebeln, Tomaten, geschmierte Brotscheiben (Vollkorn), Christines Kartoffelbrot, L&P Limonade, Nüsse, Zucker und Cracker. Scott hat zusätzlich noch Tee mit seinem Campingkocher gekocht. Den Tee lässt sich ein echter Kiwi nicht nehmen. Es war ein wunderbares Sandwich-Buffet.
Leider hat es danach angefangen zu regnen, sodass wir vom zweiten Track absehen mussten und zum Haus von Wiki und Terry fuhren. Dort hatte ich mit Scott wieder, diesmal Nüsse knackend, einen netten Schnack, wonach ich ein paar Töne mit der Gitarre erklingen ließ (wahrscheinlich der Grund, warum ich eingeladen wurde). Währenddessen bereitete Wiki Dinner vor. Und ich sage euch, werte Leser, das war ein königliches Mahl…
…Reh (Stroganoff), Spinatgemüse, weiße und gelbe Kumara, Gratin mit Blumenkohl (und mehr) sowie Quiche und Fingerfood wie Käse, Camembert (sehr teuer hier, mit hundert Gramm bist du schnell bei 10 Dollar), Zwiebel und Paprika. Als Nachtisch gab es Pancake. Großen Pancake. Mit Sahne, Erdbeere, Heidelbeere und Eis. Ich konnte nicht alles aufessen, hätte ich es getan, hätte ich den Abend putzend verbracht…
Ich genoss also das Essen, die andern genossen die Musik. Terry war ganz stolz, zu zeigen, was er auf dem Piano drauf hat. Das war allerdings nicht sonderlich viel, das hilflos (teilweise bis zum Halbton) verstimmte Klavier sorgte dafür, dass der Genuss mehr auf seiner Seite lag, denn auf unserer. Wiki versuchte durch mitsingen noch ein bisschen zu retten. Nun ja… So klang der Blues und die Gospel-Christmas-Carols wenigstens “authentisch”.

Der nächste Tag war nicht sonderlich aufregend, außer, dass ich mit der Gitarre im Radio war. Ich habe das Prélude von Villa-Lobos für die lokale Welle gespielt und alle waren happy. Das große Versprechen, es aufzunehmen mit großer Videokamera und total besonders, entpuppte sich als Farce. Sie haben mich einfach mit dem Handy gefilmt. Toll. Das habe ich zuhause auch schon gemacht, mit einer richtigen Kamera… Die waren nicht einmal fähig, den Ton des Mikrofons aufzunehmen. Aber es war nicht genug Zeit, um für die Audacity zu downloaden und ihnen zu zeigen, wie das geht. Naja, egal. Das ist eben Murupara.

Heute war ein recht anstrengender Tag. Ich habe ein Schild mit einem Schriftzug versehen, was ich morgen noch vervollständigen werde. Jetzt sitze ich gerade im Auto nach Taupo. Warum?, wird sich der werte Leser fragen, warum sitzt der Junge im Auto, ausgerechnet nach Taupo, dem 1 1/2 Stunden entfernt liegenden Taupo? Heute kam eine Frau ins Café, deren Sohn ihr den Arm gebrochen hat, oder so ähnlich. Die Geschichte versteht niemand. Sie fragt Christin: “Kannst du mich nach Taupo fahren?” Da wohnt sie nämlich, sie kann so nicht Auto fahren (öffentliche Verkehrsmittel gibt es in Neuseeland so gut wie nicht) und ist ein armer Tropf.
Jetzt sitze ich auch im Auto, schreibe meinen Blog und werde auf der Rückfahrt in heißen Quellen baden. Irgendetwas muss man ja auch davon haben. Ach ja, was ist schwarz und stinkt? Der Hund, Noah, der neben mir sitzt und vor sich her stinkt.

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