Philipps Neuseelandblog

Dies und das II

Nun ist es mal wieder aller, aber auch aller höchste Zeit, zu schreiben. Der letzte Eintrag ist aber auch schon so lange her, dass ich mich nicht mal daran erinnern kann! Es ist aber auch nicht viel wirklich besonderes passiert worum man mich beneiden könnte. Obwohl ich mehr Zeit habe als sonst, habe ich weniger geschrieben (außer einige lange Mails).

Ich werde immer mehr Teil vom Business des Café DiPHerent. Ich mache hier hauptsächlich Malerarbeiten: Schild, Blachdach, Windschutz und so weiter, sowie Kleinigkeiten wie Hocker abzuschleifen oder Kies von A nach B zu schieben. Doch im Hinterkopf schwelt etwas. Es ist der Gedanke, dass Wwoofen nur eine Nullrunde ist und dass ich gut beraten bin, bezahlte Arbeit zu finden. Also warf ich immer wieder einen Blick auf die aktuellen Jobanzeigen. Ein Job war in Tauranga (anderthalb Stunden von hier) – Bestäuben auf einer Kiwiplantage, 15$ die Stunde, Arbeit nur dann, wenn gutes Wetter ist. Klingt gut? In Wirklichkeit ist dieses Jobangebot eine Farce!

Jobsuche in Neuseeland

“Die Neuseeländische Industrie ist auf Backpacker angewiesen.” Dieses Zitat möchte ich im Folgenden erörtern und mit eigenen Erfahrungen verquicken. Das tue ich, weil viele Internetplattformen, Blogs oder Reiseanbieter dieses illusionieren, was zur Desillusionierung der Backpacker führt, was magnifikante Folgen haben könnte. Doch dazu später.

Neuseeland verspricht zwar sicheres Reisen, die Leute wollen einen aber trotzdem immer verarschen, das ist die Goldene Regel bei der Jobsuche.
Nehmen wir diesen werten Herren Ken mit dem Kiwi-Job als Beispiel. In der Jobanzeige steht: ich muss in seinem Hostel untergebracht sein. Es ist ein sog. Arbeitshostel, das Arbeit vermittelt. Sie können sich ihrem Klientel sicher sein, unter Backpackern wird genommen, was da ist. Ihre Masche ist: du musst erstmal kommen, damit du Arbeit vermittelst bekommst. Das dauert dann so eine Woche (die du voll bezahlen musst), danach kannst du mit Glück anfangen und zu guten Preisen übernachten.
Im Fall Ken gab es Folgenden Nachteil. Er schrieb mir auf Anfrage, dass die Plantagen 15-40 km entfernt sind. Lasst uns folgende kleine Rechnung machen.
(15+40) : 2 = 27,5 km eine durchschnittliche Tour (Schätzung) x 2 für Rücktour sind 55 km jeden Tag.
Angenommen ich arbeite 40 h pro Woche, 5 Tage, dann macht es 55 x 5 x 4 = 1100 km im Monat.
Mein Auto verbraucht so 15 l auf 100 km, also 1100 : 100 x 15 = 165 Liter im Monat, was bei Momentanen Spritpreisen mehr als 330 Dollar sind.
Ich fahre fort:
Die Kosten für das Hostel betragen 130 Dollar pro Woche, nicht schlecht. Für Essen kann man, sofern man sich gesund ernährt, so 70 bis 100 Dollar einplanen. Weitere Highlights wie Waschen, Sachen, die kaputt gehen, Haushaltskram, WiFi und so weiter rechne ich unter Spesen, macht 30$. Dazu würde ich nochmal 30$ Puffer addieren, für Besondere Fälle. In der Summe sind das 260 bis 300$ pro Woche. Wenn man Raucher oder Alkoholliebhaber ist oder auch Gitarrist, der neue Saiten braucht – bitte, rechne etwas drauf, es ist ja genug für Alle da.
Allerdings, wenn alles gut läuft, arbeitet man nur 40 Stunden (mehr ist möglich, aber denkt an das Wetter). 40 x 13 (Steuern) = 520 pro Woche, weniger 300 sind 220, weniger die Spritkosten macht es pro Monat 550$ Netto. Damit kann man höchstens 2 Wochen ohne Arbeit finanzieren. Wenn man einen sehr bescheidenen Lebenstil hat, gehen auch mehr.
Meiner Meinung nach lohnt sich das nicht. Das wissen die Hostelbesitzer auch. Warum machen sie es trotzdem? Weil sie immer Idioten fnden. Warum? Weil die Jobs sehr rar sind.
Die Arbeitslosigkeit liegt bei 6%, es gibt Gegenden, wo die Einhemischen jeden Job nehmen. Hinzukommen Schüler, die dir als Kellner Jobs wegnehmen.
Als Kellner brauchst du immer Erfahrung und gute Sprache, aber der Job ist nichts für jeden. Die Arbeitgeber haben eine große Auswahl an Menschen und daher hohe Aforderungen.
Die Industrie braucht keine Backpacker als Arbeiter, aber sie braucht sie trotzdem. Denn das Backpackertum ist ein wichtiger Wirtschaftszweig in Neuseeland. Ohne die Deutschen müsstem etliche Hostels und touristische Zielpunkte schließen. Noch profitiert Neuseeland von der Übersättigng, aber sollte diese Übersättigung und die damit einhergehende Desillusionierung sich in Deutschland rumsprechen, so ist der Wirtschaftszweig gefährdet, sollte der Strom junger Deutscher wegbrechen.
Selbst Wwoofing ist schwierig. Es ist total überrannt – Christine bekommt 5 Bewerbungen pro Tag, Tendenz steigend. Die meisten sind Deutsche und Christine ist sehr genervt von Deutschen, wie viele in Neuseeland. Neuseeland ist das 18. Bundesland (nach Mallorca, dem 17.) der Republik.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Industrie zwar von den Backpackern abhängig ist, jedoch als Kunden, nicht als Arbeiter!

Ein komischer Besuch

Heute kam eine Frau ins Café, die Christine kennt. Christine erzählte ihr, dass ich klassischer Gitarrist bin. Sie sagte darauf: “Ok, ich bringe dich auf zwei zu Paul McCarthy”
Ich war total platt. Warum? Wieso sollte dorthin? Nun ja, das ist halt eine musikalische Familie. Ok, na gut, dann komme ich halt dorthin. Aber ich wusste immer noch nicht, wieso und warum.

McCarthy ist ein Farmer und liebt klassische Musik, mag auch recht musikalisch sein, was aber nichts an seinem verstimmten Flügel ändert. Zuerst hat er mir seine Kühe gezeigt, 250 Stück auf über 155 Hektar. Wir haben die Kühe mit dem Quad zum Melkstall getrieben, wo ich auch mal den Saugapparat an die Euter propfen durfte. Ich war aber sehr unsicher. Von Kuhärschen umringt zu sein, die jeden Moment einen Scheißstrahl auf dich absenden können, ist verstörend. Ebenso die Tatsache, dass die Kühe von oben bis unten mit Scheiße beschmiert sind, es stinkt und es allgemein recht hässliche Tiere sind.
Danach zeigte mir Paul seinen Garten, 6 Hektar, mit französischen Pflanzen (er ist Frankreich-Liebhaber) und über 60 (!) Magnolienbäumen, deren Blüten zum Teil groß wie ein Autoreifen werden. Ein wunderschöner Garten.
Der Besuch war aber immer noch komisch. Endlich kamen wir zur Musik, ich habe ihm was vorgespielt, er fand es schön, er hat mir was auf dem Klavier gespielt (Erster Satz der Kinderszenen). Dann hat er mir noch zwei CDs ausgeliehen.
Christine hat mich abgeholt.
Ist das nicht komisch? Allison (Name der Frau, die mich dorthin gebracht hat) bringt mich dorthin, ich weiß nicht wieso. Keiner der Beteiligten ist vorbereitet. Am Ende hatte Paul mehr davon als ich, glaube ich. [Anm. d. Hrsg.: Paul McCarthy war gerade operiert worden und so war der Besuch doch eine nette Geste.]

Heute haben wir dann auch noch Ketka und Wazlaw verabschiedet. Christine war sehr zufrieden mit den beiden, die ca. zwei Monate hier waren. So sehr, dass sie ihnen 400 Dollar in der Woche gegeben hat. Doch sie war recht enttäuscht, dass der Abschied recht schmal ausfiel: “Ihr Zimmer haben sie nicht aufgeräumt und die Bettwäsche hätten sie auch waschen können. Nichtmal eine Dankesgrußkarte haben sie mir hinterlassen.”
Tja, die haben jetzt anderes zu tun (zumal sie frisch verlobt sind – Wazlaw bot am Strand bei Whakatane um Ketkas Hand an).

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