Philipps Neuseelandblog

Archive for: März 2014

Al Mahad De Al Caldemahya: Dubai

Nächster Halt: Dubai

Auf dem Flughafen in Auckland lief alles unerwartet flüssig aus der Hand. Ich kam an, lief durch die verschiedenen Portale und Kontrollen, durchstöberte die ganzen duty free shops und aß ein Subway. Dieses Duty Free macht mal so gar keinen Sinn*. Alles ist viel teurer als sonst. Tafel Whittaker: 7$! Ein bisschen Toblerone schon 30 und Milka macht sowieso keinen Sinn. Aber ich bin ja nicht hier, um einzukaufen, sondern um diesen verdammten Flug EK413 nach Dubai zu nehmen, Mist. Schon komisch, das Ende. Aber als ich auf dem Flughafen war, hat das Ende ja schon angefangen und so freute ich mich da schon aufs Ende vom Ende (Ankunft in Frankfurt), alles konzentrierte sich darauf, nicht mehr auf das, was kurz vorm Ende war. Die Taxi-Fahrt war gut überstanden und sogar günstiger als der Bus. Auf dem Rollfeld konnte ich meinen nächstes Transportmittel bestaunen, den A380, ein riesen Vogel. Zwei Stockwerke, 9 Sitze pro Reihe. Ich glaube Emirates steht so auf die, weil die First Class oben sein kann und nicht in Kontakt mit dem unwichtigen Gesocks kommt.

Aber tatsächlich wurde der Flug von Auckland nach Dubai ein sehr Angenehmer; der Vogel wurde gut geflogen, Kaugummis waren fast überflüssig, ich konnte richtig schlafen und hatte einen richtigen Computer vor der Nase. Jeder Sitz an einen richtigen Tablet – nicht so ein Spielzeug-Ding wie in der B777. Ich hatte Zugriff auf geschätzt zweihundert Filmen dazu dutzende Serien, davon Aufnahmen des Sydney Symphony Orchestras, auf Musik von Pop bis zur klassischen Moderne Schönbergs und Weberns, dutzende Spiele wie Wer-wird-Millionär. Ich konnte mich gut unterhalten, verspürte aber meistens den Wunsch zu schlafen. Der kleine Stop in Sydney war eine gute Gelegenheit, die Beine zu vertreten. Dem dreistündigen Flug nach Sydney schloss sich ein siebzehnstündiger Marathon nach Dubai an… Eine echte Bewährungsprobe für jedermanns Sitzfleisch. Die Sitze sind dort nämlich recht spartanisch. Aber irgendwann war ich dann halt da.

Es war fünf Uhr morgens. Ich setzte mich mit Sack und Pack in ein Starbucks, um mich mit Kaffe, einem Croissant (das mir auf dem Flieger als Vegetarier unverständlicher Weise verwehrt geblieben ist) und Angry Birds die Zeit zu vertreiben. Um die Zeit konnte ich unmöglich einchecken! Um ca. halb sieben musste ich mir ein Transportmittel zum YHA (Jugend Herberge) suchen, in das ich mich eingebucht habe und von dem ich nicht mehr als die Adresse wusste. Kaum ein paar Meter gelaufen quatscht mich ein Taxifahrer an. Ich nehme an und zahle 150 “Dubai money”. Es stellte sich heraus, dass dieser Mann (Inder) allem Anschein nach ein Schwarzer ist. Nicht die Hautfarbe, aber die Erwerbsmethode ist schwarz. Nun ja, im YHA dann wird mir schlagartig ein Fehler bewusst, der mir aber doch noch zu gute kommt: Ich habe vom 25. bis zum 28. gebucht. Es ist aber jetzt schon der 26. März. Das Geld ist schon bezahlt. Glücklicherweise konnte ich aber schon mein Zimmer beziehen und das Frühstücksangebot wahrnehmen. Letzteres brachte mir nicht so viel. Mein Magen ging auf den Barrikaden – das Alle-drei-Stunden-ein-drei-Gänge-Menu-Gegesse** hat meinen Magen mürbe gemacht. Das einzige, was mir hätte helfen können, wäre ein schönes Vollkornbrot.

Gestärkt möchte ich mich gleich auf den Weg zur Dubai Mall machen, aus zwei Gründen: Erstens, es regnet. Ja! Es regnet! Ene Wahrscheinlichkeit von 1:30! Für einen Empfang eigentlich noch ganz nett, glaube ich. Zweitens, ich habe ja keine drei Tage, sondern mit diesem nur zwei. Die muss ich selbstverständlich nutzen.
Auf der Türschwelle lerne ich einen Mann kennen, der mich in das Metro-System einweiht. Der Mann ist Chinese, der in Kanada lebt und dort Professor für Computer Science ist. Das System der Metro ist sehr opulent. Ich sage Metro, weil es weder Straßenbahn noch U-Bahn ist. Sie fährt ausschließlich auf einer auf Betonsäulen gestützten Trasse über die Straße und viele Häuser hinweg. Die Haltestationen sind reine Glaspaläste. Die Bahn selbst ist sehr sauber, weil man erstens ohne Ticket gar nicht erst in die Nähe der Bahn kommt und zweitens viele Krawatten-Träger damit fahren. Die Bahn wird komplett durch Computer gesteuert; damit keiner auf die Gleise stürzt, trennen Glaswände den Steig von den Schienen.
Die Bahn führt fast direkt in die Dubai Mall. Diese ist ein riesiges Gebäude (Größenordnung der Uni Bielefeld – nur mit mehr Stockwerken, mit tausenden von Geschäften, in den es alles (Nützliches ausgenommen) zu kaufen gibt. Hier gibt es auch den meines Wissens größten Buchladen der Welt, alle möglichen Mode-Läden, Schmuck, Elektronik, Luxus, Luxus, Luxus. Alles glänzt, goldet, glittert. Der Boden ist blank (überall laufen Boden-Wischer herum), vieles ist golden (Messing) oder spiegelt (mindestens!), alles ist prächtig illuminiert. Die Dubaier (Dubainesen, Dubier?) zeigen, dass sie durchaus einen Geschmack haben, sie finden einen Mittelweg zwischen Eleganz und exzessiver Gelddemonstration. Das Geraffel im Schaufenster verleiht dem Bild schlussendlich den absurden, bizarren, grotesken, ja gagaesken Touch. Es ist zwar schon alles recht arabesk, doch sehr westlich.

Vor der Tür habe ich Blick auf den Burj Khalifa, das höchste Gebäude der Welt. Es ist schon verdammt hoch. Als ich davor stand, musste ich über das Mitre Peak (ein Berg) am Milford Sound nachdenken. Das ist ja locker mal doppelt so hoch und schießt schnurstracks zweitausend Meter aus dem Wasser empor. Der Vergleich mit dem Burj Khalifa machte mir deutlich, wie weit entfernt weg ich damals vom Mitre Peak stand…
Dann bin ich wieder zurück gefahren. Es war schon zwei Uhr. Ich habe noch gelesen, dann war es drei und ich müde. Ich drehte mich in meinem Bett einmal kurz um – wache wieder auf und es ist sechs Uhr. So schnell ist Zeit nie vergangen! Fast wie ein Koma! Ich muss direkt in der Tiefschlafphase gewesen sein. Nun ja, und jetzt sitze ich hier und schreibe diesen Artikel. Gleich werde ich Wasser einkaufen gehen, da Leitungswasser nicht zum Trinken empfohlen wird.

Morgen werde ich den Burj Kahlifa erklimmen und mir Dubai generell angucken: Strand etc. Außerdem muss ich WLAN suchen müssen, um diesen Artikel überhaupt veröffentlich zu können.
Achja, “Al Mahad de Al Caldemahya” heißt offenbar “Nächste Station”.

* Außer der Icebreaker-Laden

** Das sind immer minimalistische Portionen. Im Endeffekt isst du sowieso alles durcheinander. Die Fleischesser kriegen so geile Sachen wie Kuchen, Pudding, Joghurt und Croissant. Die Vegetarier nur Gemüse, Gemüse, Gemüse (auch zum Frühstück).

A dieux, Neuseeland!

Nun ist es soweit! Ich schreibe jetzt meinen letzten Blogartikel auf neuseeländischen Boden. Wohl meine letzte Tätigkeit hier, bevor ich mich zum Flughafen begebe, mich in die Lüfte erhebe und nach Dubai sause. Dieser Anlass verpflichtet mich natürlich, ein wenig etwas Abschließendes zu sagen… Aber zuerst einige kleine Details über die letzten Tage.

Auckland

Ich bin mit dem InterCity Bus geschwind nach Auckland gefahren – 10 Stunden über Opotiki, Whakatane, Rotorua und Hamilton, was das ganze auf zehn Stunden Fahrt gestreckt hat. Der Bus hielt schließlich in “Sky City”, also dem Bereich, wo der berühmte Sky Tower von Auckland steht (dort befinden sich Hotels, i-site und Shopping Malls, wenn ich mich recht erinnere). Von dort musste ich mit Sack und Pack die überfüllte Queenstreet (alles noch beim Alten) erklimmen. Die Queenstreest ist ja bekanntlich ziemlich steil und so erinnerte ich mich – als ich gerade an “Shaolinkungfu Noodle” vorbeikam, wie ich vor fast exakt sechs Monaten diesen Abschnitt erklomm und ob der Rucksacklast feststellte, dass ich mir ein Auto kaufen müsste. Das Gemeine ist nämlich, dass wenn man den Teil mit den Asia-Imbissen überwunden hat, man die Turnerstreet hinaufmuss, die nochmal ein paar Grad drauflegt. Auch auf die Körpertemperatur; verschwitzt kam ich im YHA Hostel an. Genau! Es ist das Hostel, wo ich ganz am Anfang war. Doch hier ist in diesen Tagen längst nicht so viel los wie im September. Das macht den Aufenthalt sogar ziemlich angenehm. Während och vor sechs Monaten schockiert war, gefällt es mit jetzt ziemlich gut. Ich schlafe in einem Dreier-Zimmer – mit einem interessanten Zimmer-Kollegen (interessante Gespräche…).
Gestern bin ich durch die Stadt gelatscht: Konto auflösen, Sachen klären und Shoppen. Mir ist nämlich nach der Auflösung aufgefallen, dass ich noch 150$ im Portmonee habe. So kamen also eine Hose, Souvenirs und CDs zustande (in einem wirklichen coolen Musik- und Buchladen!). Dann musste ich noch Wäsche (mit der Hand) waschen.
Heute konnte ich stressfrei die Queenstreet ein letztes Mal bewundern, einen von Mrs. Higgins Keksen probieren, am Hafen chillen und Straßenmusik machen, bei der ich Null Dollar und Nullundnullzig verdient habe. In Auckland laufen ja nach wie vor viele Ostasiaten herum. Ich habe das Gefühl, dass gerade die darauf nicht so stehen. Aber das ist ja schon wieder eine Schublattierung. Seltsam, dass man nach 6 Monaten sich das Leben durch diese Muster immer noch einfacher mach! Auch mit dem Klo. Mir hat mal jemand erzählt, in Napier, gerade die Asiaten die dort im Packhouse arbeiteten (wo er ebenfalls tätig war), würden immer im Stehen ins Klo pinkeln, statt das Pissoir zu benutzen. Erst als ich hier im YHA einen Europäer mit eigenen Augen sichtete, wie er stehend die Toilette bepinkelte (er hatte sich nicht mal die Mühe gemacht, die Tür zuzumachen), hinterfragte ich diese Tatsache. Schublattierungen machen das Leben einfacher – die Welt aber nicht.
Gleich werde ich wohl mit dem Taxi zum Flughafen fahren. Die Kosten werde ich mir mit zwei Deutschen teilen, die auch fliegen (aber nach Shanghai), das ist nämlich billiger als der Bus (mit 16$ nicht gerade erschwinglich).

Tschüs, NZ!

Ich bin sechs Monate in Neuseeland gewesen – gelandet am 26. September, und fliege jetzt, am 25. März. In dieser Zeit habe ich tolle Sachen erlebt, prägende Erfahrungen gehabt, vieles gelernt, schwere Aufgaben des harten Lebens gemeistert. Ich bin sicherlich selbstständiger geworden, habe mein Englisch entscheidend verbessert und auch mein Blick auf die Welt – insbesondere Deutschland – hat sich geändert. Es hat mir so gut getan mich unabhängig von Pflichten und “Freizeitstress” zu fragen: “Was will ich jetzt machen? Worauf habe ich jetzt Bock?” Wenn man das macht, dann lernt man sehr viel über sich selbst. Ich habe gelernt, dass ich wirklich keine High-Speed-Person bin (was ja keine Überraschung war), aber das Spontanität das Leben disproportional bereichert. Übt man beides zusammen aus – kann man ein entspanntes und abwechslungsreiches Leben führen!
Ich habe gelernt, dass Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit jedem gegenüber nicht nur mein Leben bereichert, sondern auch das anderer Menschen (Stichwort “Network of Kindness”). Und das hat nichts mit dem “Glücklichen Schwein und dem unglücklichen Sokrates” zu tun: Deutschlands Intellektualismus bringt vorwiegend grimmige Menschen und unglückliche Schweine hervor.

Die Neuseeländische Höflichkeit, die sich selbst nicht mit Distanz verwechselt (die deutsche Version), werde ich wohl am meisten vermissen. Natürlich auch die Freiheit, die Selbstbestimmtheit, die vielen interessanten Menschen, der interkulturelle Austausch, Farmbake Cookies, die unvergleichliche Natur, und und und

Was ich nicht vermissen werde: Verkehr, Poridge, Toast, Marmite, verrückte Autofahrer, Jobsuche, Geld ausgeben, dreckige Hostels, Chaos-Camper, öffentliche Toiletten und und und

Machs gut, Neuseeland! Wie sagen deine Leute so schön?

See ya!

Gisborne und die Kettensägen-Oma

Ich machte mich am Dienstag, 11. März, auf den Weg nach Gisborne. Ich hatte recht viel Glück und habe innerhalb von 5 Stunden einen Wwoof-Platz (zur Erinnerung: Willing Workers on organic Farms – 4 h Arbeit für Kost und Logis) dort bekommen (Am Sonntag abgesprochen und am Montag organisiert). Ich benutzte den InterCity-Reisebus, neben Nakedbus einer der zwei Reisebusunternehmen. In Neuseeland gibt es ja keinen öffentlichen Nahverkehr und keine Züge, aber Fernbusse.
Und so kam ich dann am Busbahnhof mit meinem 75l-Rucksack, meinem Daypack, meiner Gitarre und meiner Lebensmitteltasche an. Zum Glück hatte mir ein Engländer aus dem Hostel geholfen, das Ding war echt schwer. Am frühen Mittag ging der Bus… Und ich muss sagen, es ist eine sehr angenehme Art zu reisen. Während der Fahrt kann man die Landschaft genießen und muss sich nicht um die Straße kümmern, kann sogar lesen, Blog schreiben und so.

Gisborne

Mein Wwoof-Host, den ich mir organisiert hatte, war eine Frau namens Angela. Sie holte mich von der Busstation in einem Van ab. Sie war erstaunlich alt mit weißem Haar wie ein Igel. Zusammen holten wir noch einen weiteren Wwoofer ab – Sam (Samuel) aus Argentinien. Während ich Sam als guten Kerl einschätzte, fiel es mir bei Angela unglaublich schwer. Aber bei mir hängt sowieso viel von der Unterkunft ab – eine Küche oder ein Bad kann mehr über eine Person aussagen als Tausend Worte.
So kamen wir dann auf Angelas Hof, ein weißes Haus mit grünen Dach und roten Veranda-Planken, sehr schön anzusehen in dem Park-ähnlichen, grünem Garten. Direkt daneben zwei rote Schuppen, neben denen uralte, verrostete Trucks und Berge Holz herumlagen. Das Haus von 1898 (angeblich) erinnert an ein Sommerhaus aus den Südstaaten Amerikas: Eine Treppe führt auf die Veranda, auf der zwei in den Garten schauende Bänke standen, die große, zwei-flüglige Tür führt in den Flur – rechts ein Wohnzimmer, gerade aus die Küche. Die zweite Tür rechts entpuppte sich als mein Schlafzimmer. Ich schlief in einem Doppelbett, das in einem an Empire-Jugendstil erinnernden Raum mit Kamin positioniert war. Es war zwar nicht perfekt in Schuss (ich nenne nur an die abblätternde Tapete und den totem Fliegen auf der Fensterbank) und man konnte auch sicherlich nicht vom Boden essen, aber den Anspruch hatte ich ja gar nicht. Das war also schonmal gesichert.
Am ernsten Abend in diesem Haus auf Angelas Farm 20km von Gisborne entfernt habe ich mit Angela und Sam gekocht. Angela ist eine opportunistische Köchin, die gerne einfach vieles zusammen mixt. Und so kommen auch sehr leckere Sachen zustande. Angela erzählte, dass auch noch drei andere Deutsche da seien, doch “die verkriechen sich immer auf ihr Zimmer. Schlafen den ganzen Tag, glaube ich. Schlafen alle Deutschen so viel?”

Die Kettensägen-Oma

Angela ist ein ganz besonderer Charakter. Sie ist siebzig Jahre alt und unterhält zusammen mit Emma, ihrer Tochter, die Farm. Ihre Fitness ist erstaunlich: Sie schwingt munter ihre geliebte Kettensäge, klettert auf ihrem Lastwagen herum, rast mit ihrem Geländewagen durch die Botanik, isst Äpfel mit Würmern, schleppt Holz durch die Gegend, ist ständig in Bewegung und geschäftig, backt jeden Tag frisches Brot und kann hoch interessante Geschichten erzählen.
De drei deutschen sind zu 66% Prozent mein Alter: Julia und Marie; der Freund letzterer, Patrick (oder Paddy) ist vier Jahre älter. Zu fünft sollten wir also Angela auf der unglaublich großen Farm helfen.
Um acht Uhr fingen wir jeden Tag an: Holz auf und vom Lastwagen laden, Puketea-Holz entrinden, Wege mit dem Spaten wieder tauglich machen, Horopeto pflücken, Kawakawa pflücken und bearbeiten, alte Baumstämme auf die Farm interne Halde bringen, Feuer machen und so weiter. Sie hat uns stets eher leichte Aufgaben verpasst und auch – abgesehen vom Holz – stets auf Abwechslung wert gelegt. Mit den anderen habe ich mich sehr gut verstanden. Sam ist ein lieber Kerl, der gerne lacht, die Tiere liebt und immer fleißig und hilfsbereit ist. Julia ist etwas verträumt (und manchmal verplant), Marie ist ein Panda liebender Story-Teller und Patrick ein sehr Kopf gesteuerter Kekse-Vertilger.
Nach einer Woche kam auch noch Josef dazu… Ebenfalls deutsch. Er schlief in dem gleichen Raum wie ich (auf drei gestapelten Matratzen) und ist ein ganz Ruhiger. Er wurde in der Abizeitung zu 100% zum Jesus gewählt. Nichts könne sein Gemüt erhitzen, hat man den Eindruck.

In den zwei Wochen habe ich mich sehr wohlgefühlt – mir gefiel alles. Morgens ein bisschen arbeiten, den Rest des Tages zusammen chillen oder etwas unternhemen. Einmal waren alle zusammen (außer Sam, der uns am Sonntag verließ) am Meer und habe sehr viel Spaß in den riesigen Wellen im Meer gehabt. Mal haben wir Monopoly gespielt oder haben eine Erkundungstour über die Farm gemacht. Das Grundstück ist eine Hügellandschaft. Man kann sich schwer vorstellen, wie man hie farmen will, doch für die Kiwis ist das mit ihren Quads kein Problem. Ich durfte auch mal mit den Quads durch die Gegend fahren: die Schafe, Kühe, Truthähne, Ziegen besuchen.

Es ist eine richtige Frauen-Farm. Neben Angela und der Angestellten Lynn arbeitet Angies Tochter Emma auf der Farm. Sie macht dies und das und schwingt enthusiastische Reden gegen Premierminister John Key, der mit seinen Öl-Veträgen das Land gefährdet.

All das musste ich nach den zwei Wochen wieder zurücklassen: das war ganz schön schade. Ich habe viel erlebt und wieder gelernt. Ich habe nochmal etwas ganz anderes kennengelernt – das neuseeländische Farmleben. Mit seiner natürlichen Schönheit und all seinem Dreck, den Tieren. Der Hund Io (der jede Frau im Haus bis ins Exorbitante entzückt hat), der dicke Kater Darjeeling (der nur ein Miauen aufwenden muss, um Io in die Flucht zu schlagen), Kater Gary, Katze Pesto, die Ratte in dem Mauseloch in der Küche (wir zu den Haustieren gezählt), Schafe, Fliegen und Possums (die sich manchmal Zugang zum Haus verschaffen) – alle sie gehörten dazu. Ich könnte so viele Geschichten erzählen, Anekdoten wie Ernste, aber dafür ist nicht die Zeit.

Momentan bin ich auch schon wieder auf der Weiterreise. Denn es ist mein Vor-vor letzter Tag! Ich fahre mit dem Bus von Gisborne nach Auckland. Dort werde ich nochmal im YHA übernachten und ein paar Dinge erledigen, bevor ich nach Dubai fliege.
Ich bin natürlich traurig, dass ich hier wegmuss, aber ich freue mich auch auf mein Zuhause. Ich könnte wirklich noch ein bisschen Weiterreisen… Das Ausruhen bei Angie hat gutgetan!

Von Nelson nach Napier

Es haben sich jetzt genug Ereignisse angesammelt, die zu einem spannenden neuen Kapitel meines Blogs taugen.

Bump

In Nelson habe ich noch schöne Tage verbracht, war sogar einmal auf einem Fußballspiel der U19 der Nelson Falcons und Youngheart Manuwhatu. Nelson hat leider verloren – die Jungs müssen auf jeden Fall an ihrer Passgenauigkeit arbeiten! Für mich war der 3.2. auch schließlich der letzte Tag in sunny Nelson, den ich noch in vollen Zügen genoss. Als ich am 3.3. losfuhr, war ich ziemlich traurig, ich mochte es in Nelson. Schönes Wetter, grün, nette Menschen. Ich hatte Gitarre gespielt, komponiert, gekocht, gelesen, was ich halt alles so mag. Doch der 3.3. musste halt kommen.

Ich legte an diesem Tag eine ganz schöne Strecke zurück – ich fuhr nach Picton, dann mit der Fähre nach Wellington und weiter nach Featherton auf einen freien Campingplatz… Stop! Über mein Wiedersehen mit Wellington muss noch mehr gesagt werden…
Ich hatte gerade getankt und tatsächlich einen Cheeseburger bei McDoof gegessen, als es passierte: ich fuhr rückwärts, um mich aus der Parklücke zu befreien, da machte es “plop”. Ich dachte, es sei der Wassereimer für den Fensterputzer – der war es leider nicht. Nein, ich habe mir eine Stoßstange eines roten Neuwagens (in dem Moment achtete ich nicht auf Marke und Modell) ausgesucht. Ich parkte aus, fuhr aber wieder in eine andere Parklücke. Was sollte ich tun? Abhauen? Der Typ war im Tankstellenshop… Jetzt geht er raus… Meine Gedanken rasen wie Autos auf Autobahnen… Der Mann steigt ins Auto… Soll ich hinlaufen? Da denke ich plötzlich an den Chaos-Camper aus Nelson: ein Schmarotzer, der Campingplätze o.ä. bestiehlt. Nein!, dachte ich, so willst du nicht sein! Außerdem hast du ja eine Versicherung! Ich laufe in Richtung des roten Wagens, in dem schon der Mann sitzt und losfahren will.
Er hatte die Beule gar nicht gesehen und schaut auch relativ desinteressiert und unbeeindruckt, als ich sie ihm zeige. Er erklärt mir das typische Prozedere wie das Austauschen der Daten.
Ich war dann schließlich wieder sehr ruhig. “Zum Glück habe ich ja die Versicherung!”, dachte ich damals. Eine Papierschlacht später und mein jetziges Wissen legen wutschnaubendes Toben ob meiner Torheit nahe. Meine Haftpflicht mit 300$/Halbjahr hat einen Selbstbehalt von 500$. Die sind also weg. 500$ verschwendet für dieses Beulchen, für die schlechte Sicht durch Regal und das “Car For Sale”-Schild. Apropos…

Car For Sale!

Nach dem Bums in Wellington bin ich nach Featherton gefahren, um auf einem freien Campingplatz zu nächtigen (nachdem ich bei einem anderen vor verschlossenem Tor stand). Dort fahre ich von der Schotterstraße auf die Wiese. Es ist inzwischen Dunkel, da die Wiese leicht abschüssig ist, durch den Winkel sehe recht wenig trotz Scheinwerfer. Ich fahre also runter, um unter den Bäumen einen Platz einzunehmen. Plötzlich huckeltes es, meine komplette Einrichtung und “Möbel” werden in die Höh geworfen – die Wiese ist mit Steinen und Baumstümpfen gespickt. Ich kehre ab, fahre wieder hinauf. Krrrrr… Ein Baumstumpf schrappt mit ekeligen Geräusch unter meinem Auto vorher, bevor ich mich festgefahren habe. Durch Rangieren konnte ich mich befreien.
Mit dem Schrecken über dem Bums und mit der Angst, dass ich gerade mein Auto schwer beschädigt hatte, schlief ich ein.

Am nächsten Tag fuhr ich nach Napier und kam in demselben Hostel unter, wo ich auch vor dreieinhalb Monaten auf dem Kiwi-Orchard arbeitend war, der Bluewater Lodge. Es ist eigentlich noch alles beim alten, die Unterbringung-im-Austausch-für-Arbeit-Arbeiter haben inzwischen gewechselt (Thomas hat eine Vorliebe für Aiaten…). Ein Paar, das auch damals unter den Arbeitenden war, ist immer noch hier, haben jedoch mehrmals den Arbeitgeber gewechselt und sind inzwischen im (Kiwi-)Verpackungshaus.
Das Hostel ist insgesamt aber nicht so voll, was ganz schön ist. Dadurch ist die Küche sauberer, leider nehmen die Unterbringung-im-Austausch-für-Arbeit-Arbeiter es mit den Toiletten nicht so genau…

In der letzten Zeit in Napier, bis Samstag, war ich vor allem damit beschäftigt, mein Auto zu verkaufen. Ich dachte, es sei besser, es so früh wie möglich zu machen, damit keiner den Preis drücken kann. Ich fing damit an, dass ich alle Leute gefragt habe, ob sie jemanden kennen, der ein Auto braucht. Dann habe ich Flyer gestaltet, gedruckt und verteilt, sogar in Hastings. Doch diese Art und Weise sein Auto zu verkaufen braucht Zeit. Ich – der ich ja auch nichts zu tun hatte – wurde jedoch nervös. So schaltete ich eine TradeMe-Anzeige. TradeMe ist das neuseeländische Ebay. Blöderweise kostet eine entsprechende Kleinanzeige 60 Dollar und damit man nicht einer von zehntausend ist, muss man schon etwas drauflegen, um ganz oben auf der Liste zu stehen. Es ist also ein ganz schön kapitalistisches Konstrukt. Es dauerte aber keinen halben Tag, da zeigte die 150-Dollar-Anzeige schon Wirkung. Ich bekam zwei Anrufe. Das war Freitag. Am Samstag stand der Termin mit dem ersten Interessenten.
Das war ein Man mittleren Alters, der mit seiner Frau kam (damit sie das Auto auch nach Haus bekommen). Während ich mit der Frau quatschte, inspizierte der Herr mein Autochen. Er nahm alles sehr genau unter die Lupe und schaute mit strengen Blick auf jeden Kratzer. Währenddessen erzählte seine Frau, er sei Automechaniker. Das hat man auch gesehen… So wie er mein Auto durchleuchtete. Nebenbei schenkte ich der Frau einen kleinen Ball, ein Werbegeschenk, das ich mal in der Fußgängerzone bekommen habe – jetzt solle es ihren Kindern nützlich sein.
Schließlich kam es zur Testfahrt. Natürlich erkannte sofort, dass der Wagen nach links zieht. Er hatte auch erkannt, dass die Reifen sich in einem katastrophalen Zustand befinden und ersetzt werden müssen und dass eine Sache unterm Auto gerissen ist, wahrscheinlich durch die eine Aktion ein paar Tage zuvor ausgelöst. So kam es zum Angebot: 2.200$, ich hatte aber für 2450$ inseriert. Ich konnte es noch auf 2250$ hochziehen.
Nachdem die beiden das Geld geholt und überreicht haben, waren sie weg. Und das Auto auch mitsamt den Campingsachen, dem eingebauten Regal und Navi, den Papi mir zum Geburtstag geschickt hatte (das hatte ich ja alles obendrauf gelegt). Meine Wohnung der letzten Monate wechselte so den Besitzer… Der Mann wollte noch den Preis drücken, kurz vor der Geldaushändigung. Er sagte “Der Wagen ist ja 1997, nocht ’98, wir angegeben” – “Achso? Oh, das habe ich wohl nicht richtig in Erinnerung gehabt.” – “Können wir dann nicht dich 2200$ sagen?” – “Neh… Bitte überlege, was alles dabei ist: sogar der Tank ist zum drittel voll und Registrierung bis nächsten Monat!” – seine Frau schaltet sich ein: “Travor, lass es doch gut sein!” – “Ok, ist ja gut, dann eben nicht…”

Und schwupp! So war mein guter Mortimer weg. Weg! Ich musste mich nun einer ganz neuen Art des Reisens stellen. Mit Bus! Ohne viel Komfort-Gedöns! Mit Rucksack wie ein richtiger Backpacker unterwegs sein. Zwar war ich aufgeregt und neugierig auf diese neue Erfahrung des Reisens, aber ebenso nervös. Mit dem Auto ging ein Stück Sicherheit. Es war wirklich wie ein Zuhause, wo ich immer hinkonnte, unabhängig, frei und teuer.

Habe moment kein Internet!