Am Montag bin ich schließlich aus Murupara herausgekommen. Erstmal in einen Alltagstrott gekommen, so ist es bekanntlich schwierig, sich dessen Winden zu befreien. Zum Abschied schenkte mir Christine einen Laib Brot und ein Glas Marmelade (übrigens gibt es einen Unterschied zwischen engl. “marmelade” und “jam” – ersteres hat Zitrusfrüchte als Grundlage, letzteres alles Mögliche).
Der Abschied war dann sehr kurz und schmerzlos… Dennoch war es komisch wieder alleine zu sein. Und als der neue Navigator sich das erste Mal zu Wort meldete – “Nach hundert Meter…” -, da wünschte ich mir zumindest meinen Papa (der den Navi nun einmal liebt, ich verbinde ihn mit meinem Papa) zu mir.
Ich habe mal wieder festgestellt, wie sehr ich lange Autofahrten hasse: steifer Nacken, Kopfschmerzen, meine Augen wollen ständig zufallen. Langeweile. Und dann noch darauf achten, dass man bloß nicht schneller als hundert fährt. Auf diese Weise fraß ich die Kilometer förmlich in mich hinein und der Motor den halben Tank, was die 200 km zu einem sechzig Dollar teuren Vergnügen macht.
In Flaxmere, einem Vorort von Hastings, wurde ich warm empfangen. Scott wohnt mit seiner Frau Oriole in einem kleinem Häuschen mit kleinem Garten. Die beiden Rentner führen ein ganz nettes Leben und zeigten gegenüber mir Großzügigkeit und Gastfreundschaft. Wir tranken viele Tassen Tee zusammen, aßen Kekse, Salat, Braten, sprachen über Essen und über Musik, ich spielte Gitarre.
Am Dienstag habe ich einen Strandtag gemacht. Der Tag, der zunächst mit hohen Temperaturen auffuhr, schwächelte ab Mittag leider, sodass Baden in den wilden Wellen etwas für temperaturunempfindliche Kaltwasserjunkies war. Dazu gehöre ich übrigens nicht… Ich habe das Bad im Ozean nochmal verschoben. Dafür konnte ich die wunderschöne Natur bewundern, lesen und am Strand schlafen – ich bin so müde in der letzten Zeit!
Ich habe es sehr bei den beiden genossen. Nicht zuletzt, weil ich es schätze, endlich mal wieder in einem richtig guten Bett in einer sauberen Umgebung zu schlafen. Das Internet konnte ich an deren PC gut nutzen, die beiden haben ein iMac und MacBook Pro. Sie schlagen sich richtig gut mit dem Internet! Wenn man bedenkt, dass sie Rentner sind, ist das einfach klasse.
Zum Abschied hat Oriole mir noch ein bisschen Obst und Salat aus ihrem Garten mitgegeben. Ein sehr wohlwollendes Geschenk, sie meinte, damit ich mich am Abend nicht ums Dinner kümmern müsste.
Ich bin am Mittwoch nämlich schon wieder weitergezogen, nach Napier. Napier liegt ungefähr zwanzig Kilometer weiter und ist die erste Stadt, die ich hier treffe, mit etwas europäischen Flair, das bedeutet: Die Häuser haben mehr als eine Etage, die Häuser dicht an dicht, es wurden sich Gedanken um urbane Architektur gemacht und man kann eigentlich alles zu Fuß erreichen. Das finde ich schon mal sehr angenehm. Die Stadt wurde in den Sechzigern (?) von einem Erdbeben heimgesucht, als man Stadtteile wie die Innenstadt danach wieder aufbaute, gestalte man viele Häuser im Art Deco-Stil. Viele Häuser sehen ein bisschen so aus wie die bunten Gebäude im Kolonialstil. Doch im Endeffekt wurde es teilweise sehr lieblos dahingeklatscht, eine Lage Farbe drüber – fertig, und für einen Europäer kommt es einfach lächerlich herüber, wenn die Neuseeländer so viel Werbung machen, nur weil sie es einmal hingekriegt haben, eine halbwegs ansehnliche Stadt zu errichten. Man muss schon sagen, dass Napier eine Perle zwischen den anderen neuseeländischen Städten ist und die Erreichbarkeit der Läden schätze ich sehr.

Das prachtvollste Gebäude. Das ist es sogar tatsächlich, wenn man mal reingeht… Da hat die ASB Bank sich richtig etwas geleistet.
Ich habe gestern das erste Mal versucht, zu “busk”, also Straßenmusik zu machen. Ich habe mich eine Stunde lang hingesetzt und habe 0,00 verdient. Die Leute gehen an einem vorbei und gucken angestrengt weg, die Leute im Café hören gerne zu, wollen aber nicht bezahlen… Es war sehr frustrierend. Im Hostel sagte ein Berliner zu mir: “hey, habe ich dich nicht gerade mit Gitarre rumlaufen sehen?” Er mache seit Kurzem auch Straßenmusik und hat mir dann freundlicherweise einige ganz gute Plätze verraten, die ich heute ausprobieren möchte. Er sagt, er hätte jeden Tag so viel Geld gemacht, dass er das Hostel bezahlen könne, sogar ein bisschen mehr.
Das Hostel ist an sich ganz in Ordnung, sauber und nicht zu groß, aber die Küche ist viel zu klein. So klein, dass es eine Unverschämtheit ist, sie 25 Leuten anzubieten. Es gibt drei Kühlschränke, doch die sind bis zum Rand voll, ich werde also wohl keine neuen Lebensmittel kaufen können. Das bringt mich ein bisschen in Verzweiflung und in Rage. Ich werde wohl in einen Campingplatz ziehen, morgen, dann spare ich wenigstens Geld.