Philipps Neuseelandblog

Arbeit macht das Leben sü… *hust* …ß

Die letzten Tage habe ich gearbeitet, weshalb ich nicht viel Zeit zum schreiben hatte. Es ist keine besonders harte Arbeit, von der ich erschöpft bin, wie zum Beispiel bei Jowat, noch bedarf es besonderer Fähigkeiten, es ist nur die Zeit, die abhanden kommt. Ich verkaufe meine Zeit, dafür kriege ich mein Geld. Doch bevor ich da weiter einsteige, werde ich ein paar Worte bezüglich der Arbeit selbst äußern. Ich arbeite auf einer riesigen Kiwi-Plantage. Man kann sich darauf verlaufen. Auf ihr werden Abermillionen Kiwis gezüchtet, d.h. liebevoll aufgezogen, besprenkelt und geerntet. Ich habe in meinem letzten Eintrag fälschlicherweise angegeben, es handele sich um das Pruning, richtig ist aber Thinning, was auch viel mehr Sinn macht. Ich dünne sie Sträucher (oder sind es Bäume?), zupfe die zu großen und zu kleinen ab, einfach alles, was nicht passt.

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Die Bäume sind so an das Stahlseilnetz gebunden, dass sie die Form einer Antenne haben, so kann man bequem darunter herlaufen und hat alles schön geordnet. Die Kiwis hängen auf Augenhöhe, ich muss also immer ein bisschen gebückt laufen. Für lange Ranken wie Simon oder Ayke wäre das die Hölle… Es hat eben doch einen Vorteil, kein Lulatsch zu sein. Aussortieren muss ich neben den genannten die flachen, die zusammengewachsenen Kiwis und solche, die sich einen Zweig teilen (wobei ich einen natürlich lassen muss). Ein Team von ungefähr acht Leuten arbeitet jeden Tag eine Strecke ab, an der Spitze steht der Aufseher, der dich beobachtet, dass du alles richtig machst (wie gut, dass man mich darauf aufmerksam macht, wenn ich etwas falsch mache! Das hätte ich sonst nicht gewusst…), gelegentlich mithilft. Sehr geschäftig ist stets Amish, der Boss der Plantage. Er ist wohl ein ganz lieber, dich wenn man etwas den Kiwis oder den Pflanzen antut, ist man schneller draußen, als man denkt. Dazu gehört zum Beispiel, wenn man beim Pflücken gute Kiwis kratzt, was ziemlich leicht passiert. Manchmal kommt er vorbei, schaut sich die zu Boden geschmissenen Kiwis an, kontrolliert wo die Kiwis entfernt wurden und wird sehr böse, wenn jemand grundlos Kiwis abreißt. Dummerweise kann man sich nicht immer sicher sein, wann man eine Kiwi lassen soll, oder nicht. Dazu zählen Kiwis mit einer kleinen Nase oder mit einer Kante (die sehen aus wie ein Po), ich lasse sie lieber dran, als sie abzureißen.
Dabei kann man wunderbar Musik hören, konzentriert und intensiv. Die sonst so unendlich langweilige Arbeit wird so erträglich. Ich habe mir die ersten drei Beethoven-Sonaten gründlich angehört, die werden einfach nicht langweilig. Auch die Schumann-Quartette sind eine tolle Entdeckung. Ich muss nur noch einen Weg finden, mehr Musik auf mein Telefon zu laden.

Im Hostel komme ich mehr an, doch in der fest gefügte Reisende-Gemeinschaft, die schon lange hier lebt und arbeitet, ist es schwer, einen Platz zu finden. Besonders ist, dass die Leute hier soviel kochen. Hier werden dutzende Kuchen, Brote, Kirschmichel, Lasagnen (mit selbst gemachter Béchamel-Sauce), Pizza (mit selbst gemachten Teig), Mousse au Chocolat, Hummer, Fisch und so weiter. Die Reisende sind teilweise schon über einem Monat hier und haben große Mengen an Lebensmitteln angesammelt, weswegen die Lebensmittel- und Kühlschränke voll sind.

Noch zwei witzige Situationen. Auf dem Weg nach Whangarei habe ich vor guten zwei Monaten zwei Mädchen, Lena und Michelle mitgenommen. Die beiden sind ja auch über Travelworks hier und wir kannten uns daher schon vom YHA-Hostel in Auckland. Die beiden habe ich hier in Napier in der Fußgängerzone getroffen und: Spontan zum Kaffeetrinken verabredet (bereits zelebriert). Der Schnack und der Austausch von Erfahrungen hat Spaß gemacht.
Anschließend war ich Straßenmusik machen, diesmal etwas erfolgreicher, ganze fünfundzwanzig Dollar habe ich eingenommen (eine Seniorengruppe hat mich gerettet). Aber die wertvollste Münze bekam ich von einem kleinen Mädchen: das Kind, groß wie ich sitzend, stand eine Weile vor mir, holte dann ihr buntes Kinderprotemonee heraus, um mir ganz vorsichtig eine Münze in den Hut zu legen. Danach verschwand sie im Countdown mit ihrer Mutter. Als sie wieder rauskamen, war sie kurz davor, mir noch eine Münze zu geben. Das war am Sonntag.

Am Samstag haben Leute aus dem Hostel ein Lagerfeuer am Strand gemacht, ich bin einfach mal mitgekommen. Es war sehr atmosphärisch. Zwei Jungs waren ein bisschen albern und haben mit Feuerstöcken zwei am Rande des Strands torkelnde Silhouetten gewunken und haben laut “Deutschland!” gegrölt. Diese kamen schnurstracks an unser Feuer, um zu gucken, “was so abgeht”. Als die eine Gestalt in den Lichtkegel des Feuers trat, sagte ich: “Hallo Joscha.”
Ja, werter Leser, diese Gestalt war kein anderer als Joscha Brüning. Joscha, mit dem ich in einer Stufe war! Ich wusste, dass er in Neuseeland ist, doch die Wahrscheinlichkeit, ihn zu treffen, ist trotzdem nicht wirklich groß. Das witzige war: er wusste nicht, dass ich in Neuseeland bin. Vor Überraschung ist ihm die Spucke im Halse stecken geblieben. Danach hatten wir uns natürlich einiges zu erzählen… Er hat sehr viel gearbeitet, vier Monate und viel Geld verdient, hatte aber auch viele Verluste: in sein Auto ist eingebrochen worden und seine Canon Eos 850 samt Objektive geklaut worden (er möchte eine Ausbildung zum Fotografen machen).
Aber Joscha ist ein Hans-Dampf-in-allen-Gassen und ist schnell wieder weitergezogen.

Ich hoffe, dass ich bis zum zwanzigsten Dezember arbeiten kann, wenn möglich auch mal auf einer anderen Plantage des selben Besitzers. Das würde mir das Geldausgeben nicht so schwer machen!

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