Philipps Neuseelandblog

Arbeit macht das Leben sü… *hust* …ß

Die letzten Tage habe ich gearbeitet, weshalb ich nicht viel Zeit zum schreiben hatte. Es ist keine besonders harte Arbeit, von der ich erschöpft bin, wie zum Beispiel bei Jowat, noch bedarf es besonderer Fähigkeiten, es ist nur die Zeit, die abhanden kommt. Ich verkaufe meine Zeit, dafür kriege ich mein Geld. Doch bevor ich da weiter einsteige, werde ich ein paar Worte bezüglich der Arbeit selbst äußern. Ich arbeite auf einer riesigen Kiwi-Plantage. Man kann sich darauf verlaufen. Auf ihr werden Abermillionen Kiwis gezüchtet, d.h. liebevoll aufgezogen, besprenkelt und geerntet. Ich habe in meinem letzten Eintrag fälschlicherweise angegeben, es handele sich um das Pruning, richtig ist aber Thinning, was auch viel mehr Sinn macht. Ich dünne sie Sträucher (oder sind es Bäume?), zupfe die zu großen und zu kleinen ab, einfach alles, was nicht passt.

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Die Bäume sind so an das Stahlseilnetz gebunden, dass sie die Form einer Antenne haben, so kann man bequem darunter herlaufen und hat alles schön geordnet. Die Kiwis hängen auf Augenhöhe, ich muss also immer ein bisschen gebückt laufen. Für lange Ranken wie Simon oder Ayke wäre das die Hölle… Es hat eben doch einen Vorteil, kein Lulatsch zu sein. Aussortieren muss ich neben den genannten die flachen, die zusammengewachsenen Kiwis und solche, die sich einen Zweig teilen (wobei ich einen natürlich lassen muss). Ein Team von ungefähr acht Leuten arbeitet jeden Tag eine Strecke ab, an der Spitze steht der Aufseher, der dich beobachtet, dass du alles richtig machst (wie gut, dass man mich darauf aufmerksam macht, wenn ich etwas falsch mache! Das hätte ich sonst nicht gewusst…), gelegentlich mithilft. Sehr geschäftig ist stets Amish, der Boss der Plantage. Er ist wohl ein ganz lieber, dich wenn man etwas den Kiwis oder den Pflanzen antut, ist man schneller draußen, als man denkt. Dazu gehört zum Beispiel, wenn man beim Pflücken gute Kiwis kratzt, was ziemlich leicht passiert. Manchmal kommt er vorbei, schaut sich die zu Boden geschmissenen Kiwis an, kontrolliert wo die Kiwis entfernt wurden und wird sehr böse, wenn jemand grundlos Kiwis abreißt. Dummerweise kann man sich nicht immer sicher sein, wann man eine Kiwi lassen soll, oder nicht. Dazu zählen Kiwis mit einer kleinen Nase oder mit einer Kante (die sehen aus wie ein Po), ich lasse sie lieber dran, als sie abzureißen.
Dabei kann man wunderbar Musik hören, konzentriert und intensiv. Die sonst so unendlich langweilige Arbeit wird so erträglich. Ich habe mir die ersten drei Beethoven-Sonaten gründlich angehört, die werden einfach nicht langweilig. Auch die Schumann-Quartette sind eine tolle Entdeckung. Ich muss nur noch einen Weg finden, mehr Musik auf mein Telefon zu laden.

Im Hostel komme ich mehr an, doch in der fest gefügte Reisende-Gemeinschaft, die schon lange hier lebt und arbeitet, ist es schwer, einen Platz zu finden. Besonders ist, dass die Leute hier soviel kochen. Hier werden dutzende Kuchen, Brote, Kirschmichel, Lasagnen (mit selbst gemachter Béchamel-Sauce), Pizza (mit selbst gemachten Teig), Mousse au Chocolat, Hummer, Fisch und so weiter. Die Reisende sind teilweise schon über einem Monat hier und haben große Mengen an Lebensmitteln angesammelt, weswegen die Lebensmittel- und Kühlschränke voll sind.

Noch zwei witzige Situationen. Auf dem Weg nach Whangarei habe ich vor guten zwei Monaten zwei Mädchen, Lena und Michelle mitgenommen. Die beiden sind ja auch über Travelworks hier und wir kannten uns daher schon vom YHA-Hostel in Auckland. Die beiden habe ich hier in Napier in der Fußgängerzone getroffen und: Spontan zum Kaffeetrinken verabredet (bereits zelebriert). Der Schnack und der Austausch von Erfahrungen hat Spaß gemacht.
Anschließend war ich Straßenmusik machen, diesmal etwas erfolgreicher, ganze fünfundzwanzig Dollar habe ich eingenommen (eine Seniorengruppe hat mich gerettet). Aber die wertvollste Münze bekam ich von einem kleinen Mädchen: das Kind, groß wie ich sitzend, stand eine Weile vor mir, holte dann ihr buntes Kinderprotemonee heraus, um mir ganz vorsichtig eine Münze in den Hut zu legen. Danach verschwand sie im Countdown mit ihrer Mutter. Als sie wieder rauskamen, war sie kurz davor, mir noch eine Münze zu geben. Das war am Sonntag.

Am Samstag haben Leute aus dem Hostel ein Lagerfeuer am Strand gemacht, ich bin einfach mal mitgekommen. Es war sehr atmosphärisch. Zwei Jungs waren ein bisschen albern und haben mit Feuerstöcken zwei am Rande des Strands torkelnde Silhouetten gewunken und haben laut “Deutschland!” gegrölt. Diese kamen schnurstracks an unser Feuer, um zu gucken, “was so abgeht”. Als die eine Gestalt in den Lichtkegel des Feuers trat, sagte ich: “Hallo Joscha.”
Ja, werter Leser, diese Gestalt war kein anderer als Joscha Brüning. Joscha, mit dem ich in einer Stufe war! Ich wusste, dass er in Neuseeland ist, doch die Wahrscheinlichkeit, ihn zu treffen, ist trotzdem nicht wirklich groß. Das witzige war: er wusste nicht, dass ich in Neuseeland bin. Vor Überraschung ist ihm die Spucke im Halse stecken geblieben. Danach hatten wir uns natürlich einiges zu erzählen… Er hat sehr viel gearbeitet, vier Monate und viel Geld verdient, hatte aber auch viele Verluste: in sein Auto ist eingebrochen worden und seine Canon Eos 850 samt Objektive geklaut worden (er möchte eine Ausbildung zum Fotografen machen).
Aber Joscha ist ein Hans-Dampf-in-allen-Gassen und ist schnell wieder weitergezogen.

Ich hoffe, dass ich bis zum zwanzigsten Dezember arbeiten kann, wenn möglich auch mal auf einer anderen Plantage des selben Besitzers. Das würde mir das Geldausgeben nicht so schwer machen!

Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt III

Ich stelle mal wieder, zum bestimmt hundertsten Mal fest, dass es keinen Sinn macht, zu planen.
Heute morgen kam ein Mann ins Hostel und schaute in unser Zimmer: “Arbeitet ihr für mich?” – “No…” – “Okay, noch nicht. Wollt ihr für mich arbeiten?” – “Jahh!” – “Gut. Wir sehen uns auf der Plantage.” So in etwa hörte sich das Gespräch an. Ich gebe zu, es hat ein bisschen länger gedauert, er musste noch Formulare suchen und mit anderen Backpackern im Hostel, welche für ihn arbeiten, reden. Ich habe gleich heute mit der Arbeit angefangen, das sogenannte “Pruning”. Das heißt, ich musste die schlechten Kiwis aussortieren. Als Konsument ist einem ja gar nicht bewusst, welche Formen es gibt! Da gibt es winzigen Kiwis, die Riesigen, die Flachen, die Zusammengewachsenen, irre Verformungen… Manchmal gibt es mehr von denen, manchmal weniger. Das ändert leider auch nichts an der Tatsache, dass es sehr, sehr langweilig ist. Zu allem Unglück muss man sich auch noch konzentrieren, weil der Vorarbeiter kontrolliert und man bloß nicht Kratzer an anderen Kiwis verursachen darf – da die Kiwis noch sehr jung sind (Erntezeit ist April), schabt sich die Haut schon beim Anfassen ab.
Wie auch immer, ich habe Arbeit, 13,75 Dollar die Stunde, also Mindestlohn. Dafür kann ich mir die Spritkosten teilen und der Erfahrung von anderen zufolge kann ich etwa 450 Dollar die Woche verdienen. Das ist schon mal nicht schlecht und deckt gut den Lebensunterhalt. Der Job ist nur für circa 6 Tage, aber das ist gut so: länger würde ich die Langeweile eh nicht aushalten.

Gestern war ich übrigens wieder Straßenmusik machen und habe in etwa 9 Dollar verdient, genug um mir den Klassiker “Pasta mit Tomaten, Oliven und Schafskäse” leisten zu können! Tomaten sind nämlich gerade für sage und schreibe 3 Dollar im Angebot! Die Gelegenheit durfte ich mir nicht entgehen lassen und habe mir soviel gemacht, dass ich noch genug für “Bruschetta” am nächsten Tag hatte. Mit den frischen Kräutern von Oriole, Basilikum, Oregano, Petersilie, Thymian, kommt das richtig gut!

Was mich nur aufregt ist das Hostel mit den Leuten darin. Nicht genug, dass das so eine kleine Küche ist, man muss auch im Weg rumstehen und quatschen und sich von anderen, die gerne kochen (etc.) möchten, beiseite schieben lassen. Viele von den jungen Deutschen sehen so etwas einfach nicht, und das ist der Grund, warum viele Arbeitgeber und Wwoof Hosts prinzipiell über 25-jährige einstellen. Dann wird natürlich alles mit deutschen Maßstäben gemessen und so weiter. Alle reden deutsch und viele hängen einfach nur im Hostel ab. Das geht einen schon auf den Geist. Die wenigen Asiaten, die hier wohnen, sind da ganz anders. Ich komme zwar mit deren Gekicher nicht klar – sie kichern bei allem möglichen – aber in den vorigen genannten Punkten haben die einen ganz anderen Blick.

Ein schöner Sonnenuntergang.

Ein schöner Sonnenuntergang.

Willkommen und Abschied

Am Montag bin ich schließlich aus Murupara herausgekommen. Erstmal in einen Alltagstrott gekommen, so ist es bekanntlich schwierig, sich dessen Winden zu befreien. Zum Abschied schenkte mir Christine einen Laib Brot und ein Glas Marmelade (übrigens gibt es einen Unterschied zwischen engl. “marmelade” und “jam” – ersteres hat Zitrusfrüchte als Grundlage, letzteres alles Mögliche).
Der Abschied war dann sehr kurz und schmerzlos… Dennoch war es komisch wieder alleine zu sein. Und als der neue Navigator sich das erste Mal zu Wort meldete – “Nach hundert Meter…” -, da wünschte ich mir zumindest meinen Papa (der den Navi nun einmal liebt, ich verbinde ihn mit meinem Papa) zu mir.
Ich habe mal wieder festgestellt, wie sehr ich lange Autofahrten hasse: steifer Nacken, Kopfschmerzen, meine Augen wollen ständig zufallen. Langeweile. Und dann noch darauf achten, dass man bloß nicht schneller als hundert fährt. Auf diese Weise fraß ich die Kilometer förmlich in mich hinein und der Motor den halben Tank, was die 200 km zu einem sechzig Dollar teuren Vergnügen macht.
In Flaxmere, einem Vorort von Hastings, wurde ich warm empfangen. Scott wohnt mit seiner Frau Oriole in einem kleinem Häuschen mit kleinem Garten. Die beiden Rentner führen ein ganz nettes Leben und zeigten gegenüber mir Großzügigkeit und Gastfreundschaft. Wir tranken viele Tassen Tee zusammen, aßen Kekse, Salat, Braten, sprachen über Essen und über Musik, ich spielte Gitarre.

Die Hawk's Bay hat etwas vom Mediterran

Die Hawk’s Bay hat etwas vom Mediterran

Am Dienstag habe ich einen Strandtag gemacht. Der Tag, der zunächst mit hohen Temperaturen auffuhr, schwächelte ab Mittag leider, sodass Baden in den wilden Wellen etwas für temperaturunempfindliche Kaltwasserjunkies war. Dazu gehöre ich übrigens nicht… Ich habe das Bad im Ozean nochmal verschoben. Dafür konnte ich die wunderschöne Natur bewundern, lesen und am Strand schlafen – ich bin so müde in der letzten Zeit!

Ocean Beach ist einfach wunderschön - mit Sicht auf Cape Kidnappers...

Ocean Beach ist einfach wunderschön – mit Sicht auf Cape Kidnappers…

Ich habe es sehr bei den beiden genossen. Nicht zuletzt, weil ich es schätze, endlich mal wieder in einem richtig guten Bett in einer sauberen Umgebung zu schlafen. Das Internet konnte ich an deren PC gut nutzen, die beiden haben ein iMac und MacBook Pro. Sie schlagen sich richtig gut mit dem Internet! Wenn man bedenkt, dass sie Rentner sind, ist das einfach klasse.
Zum Abschied hat Oriole mir noch ein bisschen Obst und Salat aus ihrem Garten mitgegeben. Ein sehr wohlwollendes Geschenk, sie meinte, damit ich mich am Abend nicht ums Dinner kümmern müsste.

Ich bin am Mittwoch nämlich schon wieder weitergezogen, nach Napier. Napier liegt ungefähr zwanzig Kilometer weiter und ist die erste Stadt, die ich hier treffe, mit etwas europäischen Flair, das bedeutet: Die Häuser haben mehr als eine Etage, die Häuser dicht an dicht, es wurden sich Gedanken um urbane Architektur gemacht und man kann eigentlich alles zu Fuß erreichen. Das finde ich schon mal sehr angenehm. Die Stadt wurde in den Sechzigern (?) von einem Erdbeben heimgesucht, als man Stadtteile wie die Innenstadt danach wieder aufbaute, gestalte man viele Häuser im Art Deco-Stil. Viele Häuser sehen ein bisschen so aus wie die bunten Gebäude im Kolonialstil. Doch im Endeffekt wurde es teilweise sehr lieblos dahingeklatscht, eine Lage Farbe drüber – fertig, und für einen Europäer kommt es einfach lächerlich herüber, wenn die Neuseeländer so viel Werbung machen, nur weil sie es einmal hingekriegt haben, eine halbwegs ansehnliche Stadt zu errichten. Man muss schon sagen, dass Napier eine Perle zwischen den anderen neuseeländischen Städten ist und die Erreichbarkeit der Läden schätze ich sehr.

Geschmacklos: Teer mit griechischen Säulen und Lila, schlechte Handwerksarbeit und Risse.

Geschmacklos: Teer mit griechischen Säulen und Lila, schlechte Handwerksarbeit und Risse.

 

Das prachtvollste Gebäude. Das ist es sogar tatsächlich, wenn man mal reingeht... Da hat die ASB Bank sich richtig etwas geleistet.

Das prachtvollste Gebäude. Das ist es sogar tatsächlich, wenn man mal reingeht… Da hat die ASB Bank sich richtig etwas geleistet.

Ich habe gestern das erste Mal versucht, zu “busk”, also Straßenmusik zu machen. Ich habe mich eine Stunde lang hingesetzt und habe 0,00 verdient. Die Leute gehen an einem vorbei und gucken angestrengt weg, die Leute im Café hören gerne zu, wollen aber nicht bezahlen… Es war sehr frustrierend. Im Hostel sagte ein Berliner zu mir: “hey, habe ich dich nicht gerade mit Gitarre rumlaufen sehen?” Er mache seit Kurzem auch Straßenmusik und hat mir dann freundlicherweise einige ganz gute Plätze verraten, die ich heute ausprobieren möchte. Er sagt, er hätte jeden Tag so viel Geld gemacht, dass er das Hostel bezahlen könne, sogar ein bisschen mehr.

Das Hostel ist an sich ganz in Ordnung, sauber und nicht zu groß, aber die Küche ist viel zu klein. So klein, dass es eine Unverschämtheit ist, sie 25 Leuten anzubieten. Es gibt drei Kühlschränke, doch die sind bis zum Rand voll, ich werde also wohl keine neuen Lebensmittel kaufen können. Das bringt mich ein bisschen in Verzweiflung und in Rage. Ich werde wohl in einen Campingplatz ziehen, morgen, dann spare ich wenigstens Geld.

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Farewell to Murupara

Der Titel sagt alles, ich bin wieder bereit, aufzubrechen. Ich verlasse die “beschauliche Metropole”, den grotesken Mikrokosmos, das gagaeske Murupara. Doch bevor ich ein kleines Resümee an den Tag lege, muss ich ja noch erzählen, was so passiert ist.
Über den Donnerstag sind zwei Dinge erwähnenswert. Es war seit langer Zeit abgemacht, dass an meinem Geburtstag am Freitag Barbecue gemacht wird. Grillen am Geburtstag, wo es ja sonst saukalt ist, das hat etwas. Also fragte ich Christine: “Hast du denn einen ‘Barbecue’ (englisch für Grill)?” – “Ja!” – “Kann ich den mal sehen?” – “Klar, der hier.” Sie zeigte auf einen Gaskocher. Ich versuchte sie aufzuklären. “Das ist kein Barbecue, das ist ein Gaskocher. Hast du so etwas mit Kohlen und so?” – “Nein.”
Ich war den Tränen nahe. Was sollte das, hat sie mich angelogen?
Ich bin sodann in die Stadt gegangen, um mittels meiner geknüpften Kontakte einen Grill aufzutreiben. Doch anstatt eines Grills kam diese Erkenntnis. Europäer und Australier/Kiwis haben eine unterschiedliche Auffassung von Grill und Barbecue.
Hierzulande nehmen die Leute einen Gaskocher, legen einen eisernen Teller darauf und braten ihr Fleisch oder was auch immer. Das macht natürlich überhaupt keinen Sinn weil es exakt das gleiche ist wie braten. Das gibt es auch in größer mit elektronisch beheizten Platten sowie in ganz groß, den Männer-Barbecue (riesige Grillschränke). Grills wie bei uns nennt man “Kohlenbrenner”.
Das ist mal wieder ein Beweis, das Neuseeland kulinarisch ein weißer Fleck auf der Landkarte ist.
Das englische Wort “Grill” bezieht sich übrigens auf eine Art kleinen Ofen.

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Außerdem ist am Donnerstag eine weitere Wwooferin gekommen. Karen konnte meine Sympathie allerdings nicht erwecken, kalt ist sie (ich habe sie komischerweise nie lachen gehört, nur manchmal, wenn ich einen Fehler gemacht habe, während ich englisch gesprochen habe). Ich merkte langsam auch, dass ich weiterziehen muss. Die Tage gehen aber auch dermaßen schnell um, dass sogleich wieder Freitag war,…

… Mein B-Day! Ich hatte gute Laune beim Aufstehen, mein Bein war wieder gut (verknackst bei einer kleinen Wandertour). Ich wollte an meinem Geburtstag eine weitere Wandertour machen, wieder durch den Whirinaki Forest. Nachdem ich mit meinen Eltern geskypt, von Christine ein Ständchen angehört und ein Lunchpaket abgeholt hatte, ging es in den Wald. Es war wunderschön, ich liebe den Whirinaki! Es ist eine klare Empfehlung für alle…
Doch auf der Wandertour musste ich auch viel an meine Eltern denken. Plötzlich ergriff mich das dringliche Bedürfnis, sie zu umarmen. Aber das ging nun einmal nicht, und so begnügte ich mich mit der Natur. Ich sog die Eindrücke auf, den Geruch, die riesigen Bäume, den weichen Boden, den Gesang der Vögel. Christine hatte mir schönes Lunch vorbereitet, das war sehr nett von ihr.
Als ich dann wieder in Murupara war, holte alle Schilder ein. Sie schloss und beschloss, dass wir erstmal relaxen und lesen. Sehr gute Idee! Nach einer Stunde in den “Rockers”, den wiegenden Sesseln, gingen wir zum Dinner über…
Zwei Salate, Rehwürste und Kuchen, Geburtstagskuchen – leider ohne Erdbeeren, wie ich es mir vorgenommen hatte. Dafür hat Christine ihn für mich gebacken, war ja auch nicht selbstverständlich.
Am Ende des Abends war ich sehr zufrieden und habe mich über die zahlreichen lieben Emails gefreut, die eingetrudelt sind.

Am Samstag kam das Geburtstagsgeschenk von meinen Eltern: Papas alter Navi mit Neuseelandkarte! Der wird mir vor allem in den größeren Städten sehr nützlich sein, denke ich. Nicht zu vergessen sind natürlich auch die mitgelieferten Hermann-Socken mitsamt Lippe-Bekenntnis. Es ist ein typisches Papa-Geschenk: so kann er sekne Liebe zu seinen Söhnen mit der zur Technik kombinieren.

Am Wochenende konnte ich alle Aufgaben abschließen, die ich angefangen hatte. Ich bin bereit, nach fast sechs Wochen wieder weiterzuziehen. Diese Zeit hier hat mir echt gut getan, weil ich gelernt habe, wie ein Kiwi zu leben. Ich habe vieles über Freundlichkeit gelernt, über Handwerk. Ich habe viel unternommen (für umsonst) und habe sehr günstig gelebt und gegessen. Ich habe aber auch viel gearbeitet, Unmengen an Tee gesoffen und ganze Laibe Kartoffelbrot Maori Art verdrückt.

Morgen werde ich meiner Wwoof-Host eine Dankeschönkarte überreichen (4,50$ im Supermarkt) und mich mit dem Auto auf den Weg nach Napier/Hastings machen.

Viele Dinge gemacht

In den letzten Tagen habe ich viel unternommen, abends war ich den Umständen entsprechend kaputt und die Motivation zum schreiben niedrig. Also, lasst uns ganz systematisch beginnen.

Samstag – der Kayaktrip ohne Kayak und ohne Trip

Am Samstag wollten Hilary und Ian mich mitnehmen, eine Kayaktour zu machen. Hilary hat ein kleines Adventure-Unternehmen, die Freundin von Christine bietet zum Beispiel Fahrräder oder Kayaks an, aber auch Rafting. Ich war gut vorbereitet und freute mich drauf – leider wurde ich enttäuscht. Hilary und Ian haben Beziehungsstress… weshalb einiges ein bisschen unrund lief. Sie hatten zu wenig Boote, sie können mich nicht mitnehmen. Aber ich könne trotzdem mitkommen und mich an den Fluss chillen, mit Stuhl, Buch und Gitarre – oder schwimmen! Ok, mache ich.
Im Endeffekt habe ich die meiste Zeit im Auto gesessen, Boote schleppen geholfen und nur 45 Minuten für mich gehabt. Die waren zwar schön, aber zu kurz.
Die gute Sache ist, dass die Kayaktruppe bei Christine gegessen hat, groß mit Dinner, Lunch und Kaffee. Café DiPHerent hat also gut verdient und ich gut mitgegessen.

Sonntag – ein Tag wie jeder andere

Sonntag war wieder normal, nur ungewöhnlich heiß, sehr heiß! Dieses Wochenende war das heißeste, das ich bisher hier erlebt habe. Hilary und Ian wollten mich auf eine Mountain Bike Tour mitnehmen, doch wieder eine Enttäuschung: Auch das kam nicht zu stande. Schade. Ansonsten war ich immer noch mit diesen Querbalken in dem Häuschen beschäftigt: Löcher bohren, Herumhämmer, Zusägen und solche Sachen.

Montag – The Day off

Christine musste nach Whakatane, auf einen Kurs “wie man sich Hände wäscht” – ein Hygienekurs, der anscheinend sehr unprofessionell einige mehr und weniger sinnvolle Richtlinien vermittelt. Ich hatte also sturmfrei. Nach gemütlichem, morgendlichen Dinge-erledigen bin ich nach Minignui gefahren, um dort den Sanctuary Track zu bewandern, welcher für seine Schönheit bekannt ist. Er liegt im Whirinaki Nationalpark, ich glaube, dieser ist in Sachen Wald einer der besten. Vorher wollte ich noch bei Wiki und Terry vorbeischnein (mit Terry und Scott war ich ja schonmal im Busch), einfach Hallo zu sagen. Die beiden Te Whaiti-Bewohner haben sich sehr gefreut, ich habe Lunch gekriegt und Wiki hat kurzerhand entschieden, ich könnte dort nicht allein hingehen. Die beiden wollten mich begleiten. Zuerst war ich sauer, das wollte ich eigentlich für mich machen (die beiden sind auch irgendwie sehr langsam). Aber dann war es sehr schön, die beiden dabei zu haben. Der Sanctuary-Wanderweg ist einer der schönsten im Whirinaki. Mehrmals wechselt die Vegetation und als die güldene Sonne durch das grüne Blätterdach brach, ergab sich ein Farbenspiel seltener Schönheit. Den Track kann man immer wieder machen.
Wieder zuhause, habe ich Nudelauflauf gemacht, der Christine übrigens sehr gefallen sowie Noah (der die Reste inhaliert hat). Ein sehr schöner Tag.

Dienstag – unfreiwilliger Pharmazeutischer Selbstversuch

Keine Panik – alles im grünen Bereich!
Ich habe von Ces eine Aufgabe bekommen – ich soll Holz für die Fensterrahmen abhobeln und abschleifen. Mit dem Hobel muss ich mich auch erstmal vertraut machen, eine laute, starke Maschine. Am Abend bekam ich, inzwischen wieder im Hause, Hunger.
Im üppigen Garten mit dutzenden Gemüse und Salatpflanzen wollte ich mir einen Salat zusammenstellen. Bei einer Pflanze habe ich einfach probiert, ob sie ins Essen passt, doch sie hatte einen fürchterlich bitteren Geschmack. Als ich weiter geguckt hatte, vielen mir Kreuzkrautexemplare auf. Deren Blätter am Vegetationspunkt sehen im frühen Stadium nicht ganz so gezackt aus und sehen mehr wie Salat aus, ich habe von einem Büschel nur mit den Blätter, ohne Stiel gekostet. Ich denke, es wird das gemeine Kreuzkraut gewesen sein. Ich habe nur die Spitze eines Blattes gegessen.
Vielleicht einen Daumennagel oder (bei kleinen) höchstens zwei groß. Ich habe Christine gefragt, ob sie mir mit meiner KruezkrautThese zustimmt. Sie sagte, es sei Löwenzahn. Ich war erleichtert und habe ertsmal ein paar Nudeln gegessen, die ich mir gerade gekocht hatte. Doch es war definitiv nicht Löwenzahn! Meiner Meinung nach war es Kreuzkraut, das gefährliche Lebergifte enthält, die kanzerogen sind. Was mache ich also? Ich wollte eigentlich den ganzen Abend in meinem Herr der Ringe lesen, aber nein: ich sammle alle Informationen über Kreuzkraut, die ich finden kann. Schließlich schicke ich eine Mail zu Helmut Wiedemann, Bonner Pharmakologieprof, und einer Vertreterin des Kreuzkrautbekämpfungsvereins. Beide bestätigen mir, das sei überhaupt nicht schlimm. Ein Glück also! Herr Wiedemann hat mich noch freundlich darauf hingewiesen, dass ich meine Methode ändern muss… Ich weiß auch nicht, warum ich einfach reingebissen habe, eigentlich bin ich dabei immer sehr respektvoll.

Mittwoch – noch mehr Tracks

Den Tag startete ich mit einer Runde Gitarrespielen, super Idee, ich hatte richtig gute Laune. Christine war der Ansicht, ich hätte die letzten Wochen zu wenig unternommen, das könne ich jetzt nachholen. Deshalb fuhr ich ein drittes Mal in den Whirinaki, um zwei weitere sehr schöne Wege zu gehe. Der eine geht über 9 Kilometer und ich musste mich beeilen, weil es a) anfing zu regnen und b) es anfing zu donnern. Ich machte also wieder gefährliche Sachen. So geschah es dass ich nach guten fünf Kilometern mein Knie überdehnt, überlastet, verknackst habe oder ähnliches. Während der Himmel sein Wasser auf mich ergoss und tiefes Donnergrollen mir Angst und Bange machten, humpelte ich zum Auto. Ich war echt schnell, der Weg ist mit 3-4 Stunden ausgeschildert, ich brauchte zwei. Vielleicht war das konstante schnelle Gehen Grund für das Knie. Aber die Natur war natürlich klasse und gerade die Vögel und Bäume des H-Tree-Tracks sind Wahnsinn.
Christine hat mir heute Abend erzählt, dass sie, wenn ich am Montag fahren, einen professionellen Handwerker bestellen möchte. Mit Wwoofen geht das ihr zu langsam. Sie wird die zwei anderen Wwoofer, die noch kommen, für Gartenarbeit und Streichen einsetzen.
Mein Plan sieht aus, am Montag nach Hastings beziehungsweise Napier zu fahren, dann das Tongariro Crossing zu machen, um daraufhin nach New Plymouth zu reisen. Am 7.1.2014 geht meine Fähre zur Südinsel. Mein Tipp für alle Neuseelandreisende: früh genug buchen! Das andere Fährenunternehmen ist bis März ausgebucht – Ich fahre mit Bluebridge. Eigentlich wollte ich Wheinachten schon unten sein…

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Zwischen Busch und Gitarre

Die Woche über ist nichts wirklich besonderes passiert, außer, dass ich gestern auf einem Ernährungstreffen war. Es gibt in Murupara eine deutsche Ärztin, deren Leidenschaft Ernährung ist; sie ist vegan und gibt Beratungsstunden und Kochunterricht für die, die es nötig haben – alles rund ums gesunde Essen. Christine geht da wohl regelmäßig hin und da ich nunmal gerne über Essen rede, habe ich gefragt, ob ich mitkommen kann. Nun ja, sie hätte mir sagen sollen, welches Level der Kurs hat und was für Leute dort sind: Senioren. Und dass Nüsse Fett enthalten, das ist ja wohl Grundwissen (tatsächlich waren viele überrascht…).
Menschen, die essen können, ohne dick zu werden, werden hierzulande “Pretzel” (Brezel) genannt. Britta sagte, es sei “der Jägertyp”. Ich habe mich gefragt, welcher Typ wohl die sind, die dick werden, wenn sie essen. Der “Sammlertyp”? Fettsammler…
Heute kam dann Gary ins Café. Gary ist ein Biologe und forscht nach der Ökologie des Awheto-Pilzes. Christine hat für Nate organisiert, Gary zu helfen, aber der schien plötzlich doch nicht mehr interessiert zu sein. Gut für mich, ich ergriff die Gelegenheit, mitzukommen. Wir fuhren in den Busch, in den wirklich unberührten Regenwald. Mit Schnüren steckten wir eine Fläche in Quadraten ab und Gary notierte Auffälligkeiten. Andrew, ein Mensch der Region, und ich hatten die Aufgabe, Awheto-Plize zu finden. Doch die Awhetos sind gut versteckt, es dauerte eine schrecklich lange Zeit. Aber es war toll, im Wald herumzuklettern und an einem richtigen Forschungsprojekt teilzuhaben, auch wenn wir keinen einzigen Pilz gefunden haben.
Dann fuhren wir zu einen zweiten Forschungsplatz, wo Gary und Andrew schon Pilze gefunden hatten. Ich fand noch einen, den die beiden übersehen hatten. Ich muss sagen, die äußere Erscheinung war eher enttäuschend, doch der unterirdische Teil ist interessanter. Beim Awheto handelt es sich nämlich um einen Parasiten.
Es gibt eine sehr markante Mottenart, die sehr große Exemplare an Motten zustande bringt. Deren Larven leben in der Erde glücklich vor sich hin, bis dieser Pilz kommt und sich von hinten durch die Made bis zum Mund wieder herausfrisst, durch die Erde sich dem Sonnenlicht entgegen reckt und einen circa zehn Zentimeter großen, braunen Stängel zum Vorschein bringt. Finde diesen winzigen Stängel im Unterholz! Wenn man ihn ausgräbt, sieht man noch die Larve, aus der er wächst, hart und trocken. Die Chinesen nutzen den Awheto in ihrer Medizin und zahlen wohl viel dafür, mehr als für Safran. Von daher ist es interessant, den Pilz industriell zu züchten. Trotzdem ist Gary ein Einzelkämpfer und auf Freiwillige wie dem stinkenden Andrew und mich angewiesen, obwohl es eigentlich sehr attraktiv ist.
Gary ist typisch Biologe. Weißer Bart, graues Haar, Genussmensch, Pi-mal-Daumen, Brille. Ich habe gelernt, dass Biologe-sein bedeutet, an der Basis zu sein, an der Front! Es ist recht anstrengend, durch den Busch zu krackseln und es ist nervenaufreibende Arbeit, Informationen zu sammeln, sammeln, sammeln. Es hat schon etwas fast romantisches. Da kann sogar ich mich für Ökologie begeistern, ganz anders als in der Schule!

Danach haben Gary und Andrew mein Konzert in dem Café besucht. Ich habe gespielt, was ich immer spiele, diesmal aber auf meinem selbst gebauten Notenständer. Und jetzt bin ich sehr, sehr müde (vielleicht merkt man es an meinem Schreibstil?). Morgen erwartet mich eine Paddeltour, noch ein sehr langer Tag! Aber er wird bestimmt schön!

Mein selbstgebauter Notenständer

Mein selbstgebauter Notenständer

 

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Die neue Gitarre

Ich, auf der Jagd.

Ich, auf der Jagd.

 

Und wieder alles anders

Heute gibt es wieder viel zu erzählen, da wieder alles anders ist. Ich möchte jedoch chronologisch vorgehen und beginne somit am Samstag.
Am Samstag habe ich mit Michael und Nate kleine Querleisten an die Wand im sog. “Small House” angebracht. Darauf soll in Zukunft ein dünnes Holz angebracht werden. Das war “richtige Männerarbeit”, wie man so schön sagt: Mit Bohrmaschine, großem Hammer, großer Säge, richtig schön laut und schmutzig. Es stellte sich heraus, dass Nate doch nicht der große Baumeister ist, wie er es vorgab. Das Prinzip “Nach fest kommt ab” hat er jedenfalls nicht verinnerlicht. Wie dem auch sei, er war sehr engagiert bei der Arbeit und sich für nichts zu schade. Übrigens kommt er nicht aus Kanada, sondern aus den Staaten.

Am Sonntag war Ausflug angesagt. Christine hat mit Ian, einen Kommunikationselektroniker, der gerne auf Lunch im Café ist und dessen Familie mit Christine befreundet ist, gesprochen. Seine Frau und er machen viele Outdoorsachen und so hat er uns auf die Wildwasser-Rafting-Weltmeisterschaft mitgenommen. Sie fand nahe bei Murupara im Rangitaiki River statt (eine Etappe nur). Deshalb mussten wir durch den Wald und sahen mal wieder tolle Natur – nur das Rennen war schon zu Ende. Ian, ein Maori, für den Gastfreundlichkeit natürlich sehr wichtig ist, war das sehr unangenehm. Dafür hatten wir ein schönes Lunch in der Natur mit Sandwiches (klingt irgendwie doch besser als Stullen) und Nüsschen. Beim Essen war es total wichtig, alles zu teilen, ein wichtiger Teil der Maori-Kultur. Also schön immer fragen…
Nate hat mal wieder sein Feingefühl bewiesen. Christine beauftragte ihn, Ian als Dankeschön einen Wein zu geben. Wann macht man das? Eher am Ende, oder? Nein, Nate macht es mal eben, wenn wir gerade losfahren wollen. Ach ja, die Amis.
Danach waren wir mit Christine im Butchers Pool und haben in der schönen heißen Quelle gebadet, die ein bisschen nach Pups riecht. Ich fühlte mich nach einiger Zeit sehr unwohl – Kreislauf und stechende Sandflys…

Gestern war der Plan… Was eigentlich? Das weiß keiner so genau. Ich versuche, diesen Tag, so verrückt und blöd, wie kein Tag in Neuseeland davor, zu beschreiben.
Christine schlug vor, nach Whakatane an den Strand zu fahren, an der Erdbeerfarm zum Erdbeeren futtern zu halten, schwimmen zu gehen, etc. Marion, die französische Wwooferin, wollte sich anscheinend damit nicht zufrieden geben: sie organisierte parallel davon einige Tage beim DoC (Naturschutzorganisation) für einige derartige Aktivitäten. Nate machte mit (ich glaube aber, dass er es nur tat, weil sie es auch tat).
Da Christine nun glaubte, ihr Plan sei nicht gut genug, ließ sie Whakatane bleiben und entschied, Holz zu holen. Michael und ich kamen mit. Wir hatten einen sehr schönen Tag, der leider mit viel Fahrerei verbunden war. Wir haben ein paar Leute besucht, haben eingekauft, waren am Strand, auf der Erdbeerfarm und haben tonnenweise Erdbeeren und Brombeeren gefuttert, haben ungesunde Sachen gegessen wie leckeres Eis und ekeliges Asia-Essen. Wir waren sehr zufrieden.

Noah is a good boy!

Noah is a good boy!

Doch Christine war grummelig auf Marion, weil sie nicht ihren Plan angenommen hat. Doch ich hätte mir nicht ausmalen können, was dann kam.

Das schönste Wasserkraftwerk der Welt

Das schönste Wasserkraftwerk der Welt

Als wir zurückkamen, gab es Streit mit höflichen Worten. Marion möchte Mittwoch bis Freitag schon wieder weg, um mit den total netten DoC-Leuten zu einem See zu gehen und am Samstag Fledermäuse fangen. Christine fühlt sich ausgenutzt, das sei ja kein Hotel. Und überhaupt, warum sie denn nicht die Sachen (einige Wandertouren), die Christine “organisiert” hatte, machen wolle. Sie hätte doch “Ja” gesagt.
Natürlich sehe Marion das nicht als Hotel, aber warum kümmere Christine sich denn so viel darum? Das sei doch deren Sache. Christine: “Ich führe ein Café und es ist erheblicher Aufwand, so etwas zu machen. Dann möchte ich auch, das ihr das wertschätzt. Ihr müsst das doch wertschätzen.” Aber sie schätze es wert, so Marion. Christine müsse aber auch die Arbeit wertschätzen, so Marion weiter, sie schätze ihr Arbeit nicht wert. Sie habe sechs Stunden gearbeitet.
Und so weiter.
Am Ende waren alle müde, kaputt und traurig. Und so hatte sich das keiner gedacht. Ich bin froh, dass ich der bin, der am wenigsten davon betroffen bin.

Heute morgen sind Marion und Michael (der ja eigentlich auch nichts damit zu tun hatte, aber nun mal mit Marion zusammen reist) abgereist. Sehr schade, mein Duopartner ist weg. Die beiden waren echt nett. Nate hat gemerkt, dass die Luft dünn wurde und ist plötzlich auch abgereist. Ich bin also wieder alleine.
Heute morgen kam ein deutscher Finanzmann in das Café, der Urlaub macht. Total zufällig kommt er auf französische Geschäftspartner zu sprechen: “jeder auf der Welt hat Probleme mit den Franzosen. Sie seien die Größten, die Weisesten, die Grande Nation. Auf dem Meeting sagen sie “Ja”, aber dann machen sie es doch ganz anders, weil sie ja so viel weiser sind. Ganz schlimm. Und das sagt jeder, auch Spanier, Italiener oder Briten” (Marion hatte am Abend zuvor immer gesagt: I’m well-educated, I’m intelligent, I’m friendly… What is the problem? Und so weiter).
Christine, die sich ganz schlecht gefühlt hat, war wieder gut drauf. Um es für sich im Kopf zu ordnen, schob es sie einfach auf kulturelle Differenzen, das ist am einfachsten (in der Tat hat es irgendwie niemand verstanden, wie es dazu kommen konnte). Marion hatte am Abend zuvor noch gesagt, dass sie sich Sorgen gemacht hätte, wo wir denn abgeblieben seien. Ich habe die Vermutung, dass sie heute morgen nochmal nachbohren wollte und Christine, als sie beim Abschied nochmal gesprochen haben, erzählt hat, wie groß ihre Sorgen gewesen sind. Sie habe gedacht, wir hätten einen Unfall gebaut oder ähnliches.
In meiner Schilderung zeige ich nur das Äußere. Christines Hartnäckigkeit und ihr Trauma, enttäuscht zu werden, nicht. Insgesamt war es meiner Meinung nach ein riesiges Kommunikationsproblem.

Für mich war der Tag eigentlich ganz nett. Ich habe diese Leisten vollendet, leider warten noch zwei andere Räume, und habe angefangen, einen Notenständer zu bauen. Gleich werde ich Gitarre spielen und lesen.

Das Konzert ohne Besucher

Um die nächsten Tage zu verstehen, sollte man wissen, dass Christines Gedanken oft so gehen:

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Und das ist irgendwie etwas, womit ich manchmal schwer umgehen kann, ihr werdet noch lesen, wie alles war…

Ich habe bei Christines großen Plänen aufgehört – einige davon wurden verwirklicht, einige nicht.
Christine kennt einen Geigen- und Gitarrenbauer. Er hat mit Gitarre angefangen, hat mit Geige weitergemacht und verkauft jetzt auch nebenher Gitarren (anscheinend nicht seine eigenen). Christine hat mit Phil Whitehead Kontakt aufgenommen und wollte wissen ob er gute Gitarren hat. Die beste, die er momentan da hätte, sei eine brasilianische, handgemachte, aus den Siebzigern, sehr gut. Das war letzte Woche schon. Ich habe ihr damals schon klar zu machen versucht, dass es mit Gitarren anders ist als mit Geigen, dass man auch ganz schlechte Gitarren erwischen kann, die “topfig” (das ist der Fachbegriff) klingen oder eine schlechte e’ Saite erwischen kann. Und sowieso habe ich ja eine Gute zu hause. Aber diese Gitarre ist anscheinend zu Christines fixen Idee geworden. Also skypten wir an diesem Morgen mit dem Herrn Whitehead, und er hat uns dort auf der Gitarre vorgespielt, was natürlich nichts sagt. Christine fragte uns, ob die Gitarre gut sei, worauf ich nur antworten konnte, dass ich sie nicht kaufen könnte, höchstens leihen.
Eine Stunde später offenbarte sie mir, sie hätte die Gitarre zum ausleihen bestellt. Dafür hat sie 1100 Dollar Pfand bezahlt und sogar die Kurierkosten bezahlt. Ich war aber irgendwie total unglücklich, obgleich sie mir einen freundlichen Dienst getan hat. Was sollte ich denn mit einer zweiten Gitarre? Was ist, wenn ich sie kaputt mache? Diese und noch so viele weitere Fragen.
Der Tag insgesamt war nicht so toll. Michael und ich haben uns zusammengesetzt, um für das freitägige Konzert zu üben, es war aber nicht leicht, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen, angesichts der geringen Übezeit und der eher geringen Literaturkenntnis Michaels (gut, er hat schon sehr, sehr viele Stücke gespielt, aber nicht viel anderes gesehen und gehört, habe ich das Gefühl). So ganz weitergekommen sind wir nicht. Christine war auch keine Hilfe. Sie kennt einen vom größten neuseeländischen Verlag, der ihr eine Komponisten empfohlen hat. Aber das kostet ja Geld, dort zu bestellen, und würde niemals am Freitag ankommen! Ich weiß nicht, was sie sich dabei gedacht hat, da so viel herumzutelefonieren.
Es war ein sehr geschäftiger Tag für sie. Die Rocker Neuseelands (einige aus Australien!) hatten einen Memorial Drive anlässlich des Todes eines Kumpanen und frequentierten das Café für Kaffee (ich glaube, einigen wäre Irish Coffee lieber). Dann waren auch noch Freunde da. Christine war die ganze Zeit sehr müde und “grumpy”, auf Fragen antwortete sie ruppig und rügte uns für Untätigkeit (obwohl sie da auch nicht richtig guckt – wir haben ja etwas gemacht, aber Pausen oder gemütlich Lunch wird man wohl machen dürfen – das ist sowieso schwer, kaum ist der Teller leer, wird er weggenommen und gespült). Das hatte zur Folge, das ich auch “grumpy” wurde. Und einen großen Teil der Schuld tragen Christines wirre Gedanken. Am Ende des Tages war keiner richtig zufrieden, obwohl 400 Dollar eingenommen wurden (normalerweise zwei Wocheneinkommen).

Der Freitag war schon viel besser. Ich hatte das Gefühl, dass ich was geschafft hatte. Ich habe mit Michael einen Sichtschutz an einer Betonmauer befestigt, absolutes Neuland für jeden. Ich habe mich in die Holzverkleidung des kleinen Hauses neben dem Café reingefuchst und Ces (ein Handwerker der seine Sachen im Schuppen im selben Gebäude wie das Café lagert) hat uns vieles erklärt. Ces ist ein sehr netter Mensch und macht viele Sachen für Christine.
Nicht zuletzt kam auch die neue Gitarre. Wie gesagt: brasilianisch, 1970er, Fichte-Zypresse, kunstvolle Holzschnitzereien als Kopf. Doch der Klang ist ziemlich enttäuschend. Im Duo mit Michael hat er mich mit seiner 250€-Reisegitarre an die Wand gespielt. Die Gitarre klingt nicht topfig, aber wie in Wolldecken eingewickelt. Wahrscheinlich tue ich Whitehead einen großen Dienst, wenn ich sie richtig einspiele, sie ist lange nicht genutzt worden. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie mal richtig gut war und nur wieder eingespielt werden muss. Ansonsten muss sich jeder Gitarrenbauer in die Ecke schämen. Und dieser Whitehead, der diese Gitarre so angepriesen hat, ist entweder guter Geschäftsmann oder hat keine Ahnung.

Wir waren um 6 Uhr also nicht so gut vorbereitet, aber das macht nichts – die Ansprüche hier sind nicht so groß. Leider kam kein einziger Besucher zum Konzert, obwohl wir im Radio auftauchten. Um acht Uhr kamen dann doch noch welche zufällig vorbei und Christine konnte denen noch zehn Dollar abschwatzen und wir spielten ein bisschen für die, doch der erhoffte Ansturm war es nicht.
Ein Zuhörer mehr hatten wir dann doch: Nate, ein Kanadier, der als Wwoofer zu uns gekommen ist. Ich glaube, Christine war en bisschen enttäuscht, weil er kein gelernter “Builder” ist, sondern nur mal etwas zuhause mit seinem Vater gemacht hat (Toll, das habe ich auch). Ich kann ihn aber gut leiden. Ich glaube, das war trotzdem ein guter Tag

Neuankömmlinge

Heute war ein Tag mit Wendungen. Heute sollten nämlich die neuen Wwoofer kommen, von denen Christine ein vorgefertigtes Bild hatte. Doch ich denke, am Ende waren alle beteiligten von einander positiv überrascht.

Der Tag begann recht früh, ich wollte vor der Arbeit nochmal in die Library, um das freie WLAN zu benutzen. Gearbeitet habe ich danach an einem Stück Wand über dem Dach, ich war also mal wieder sowohl Wwoofer als auch Roofer.
Dann habe ich eine gute, alte Bosch Bohrmaschine benutzt, um was am Boden zu fixieren und habe gelernt, dass es auch andere Spannmethoden für den Bohrer als den Schnellspanner gibt.
Am Abend kamen dann die erwarteten Neuankömmlinge. Christine war muffelig, aber gemäß der berühmten neuseeländischen Gastfreundschaft wurden gleich die Flaggschiffe zum Abendbrot aufgefahren: Oliven, Rehwürste, selbst gemachtes Brot und so weiter. Zwar waren die Neuankömmlinge, Michael (deutsch) und Marion (französisch) recht höflich, doch bemusterte Christine die beiden misstrauisch, als sie sich ganz nach europäischer Gourmet-Manier ordentliche Scheiben Käse aufs Brot legten (sie spart und legt nur ein paar Splitter drauf).
Christine erzählte von meinem Auftritt im Radio, wonach Michael fragte, was ich denn gespielt hätte. Das Prélude Nr. 1 von Lobos. Und zur Überraschung Christines und meinerseits erreichten folgende Vibrationen der Lüfte, abstrahiert in Worten, geformt zu Gedanken, sofort in unseren Köpfen auf ihre Bedeutung analysiert, unsere Ohren: “Oh, das habe ich auch mal gespielt.”
Es stellt sich heraus, das Michael mit seiner Gitarre hier angekommen ist und schon seit 13 Jahren Gitarre spielt, er ist mein Alter (sieht meiner Meinung nach aber Älter aus).
Zuhause haben wir erstmal Gitarren-Check gemacht. Er hat etwas von seinen Stücken gespielt, ich von meinem. Natürlich war zu erwarten, dass wir nicht exakt das selbe Niveau haben. Ich würde schätzen, er ist so auf Janinas Niveau einzustufen, vielleicht ein bisschen niedrieger (mit Janina und Tanyel spielte ich einst im sog. “Kotz-Trio” in vielen legendären Proben Albéniz’ Tango). Er spielt sehr viele Südamerikanische Stücke, Fingerpicking, Bossa Nova et cetera, ist so gesehen also eine ganz gute Ergänzung zu meinem klassisch-romantischen Repertoire.

Ich glaube, das war Schicksal.

Wir haben auch schon ein erstes Projekt: “Sunrise”, ein kleines Duettchen im Fingerpicking-Stil, aber ganz nett. Als wir da so zusammen spielten, wurde Christine aufgeschreckt. Es schien sie inspiriert zu haben, denn sie sagte: “Well, you know, I’m good in organizing.”
Doch um zu verstehen, was Christine nun sagt, muss man ihre Geschichte kennen.

Christine kommt aus dem King Country, wo sie aufwuchs. Nach der Schule machte sie eine Ausbildung zur Krankenschwester, doch stellte irgendwann fest, dass dieser Beruf mit ihren beiden kleinen Kindern sehr unpraktisch ist. Sie studierte Soziologie (ist das weniger stressig?) und schrieb ihre Abschlussarbeit über Marx, der ihr “lernte, Kapitalist zu sein.” Denn sie sah ihres Juristen-Mannes Bruder, ein Business Man und dachte, das könne sie tausendmal besser. Und so wurde aus der Soziologin und Marx-Expertin eine Brokerin. Sie machte sehr, sehr viel Geld. Die Familie zog nach Sydney, der teuersten Stadt der Welt, und bezogen eine Luxuswohnung direkt am Stadtpark.
In dieser Zeit knüpfte sie viele Kontakte, zu einem Großmeister im Schach zum Beispiel. Ihren Kindern schenkte sie gerne ein Musikstück, Kompositionsaufträge an namhafte Komponisten wie Gareth Farr (um eine Vorstellung zu geben: Der Mindestlohn nach dem deutschen Komponistenbund schreibt einen Mindestlohn von mindestens 300 Euro pro Minute vor).

Nun zu ihren Ideen: Es ist bereits ausgemachte Sache, dass Michael und ich am Freitag ein Konzert bestreiten werden, wieder im Café. Sie möchte Gareth Farr einladen, der Percussionist könnte vielleicht einen Workshop halten und vielleicht mehr klassische Gitarristen z.B. aus Auckland bewegen, nach Murupara zu kommen. Dann möchte sie organisieren, dass Maori eine Rolle im Konzert spielen (damit es sich besser verkauft), beispielsweise in der Präsentation von Schöpfungsmythen.
… Und noch viel mehr Ideen! Die sonst so gefrustete Christine lebt auf…

Ich bin wirklich gespannt, was passieren wird, was klappt, was nicht. Groß Pläne. Aber sollte man diesen Zufall nicht auszunutzen?

Eine Frage bleibt noch offen, warum ist Christine im Café gelandet? Ganz verstanden habe ich es nicht, aber es hat mit ihrer Scheidung zu tun, worüber ich hier nicht schreiben möchte, schließlich kann das ja jeder lesen.

Dies und das II

Nun ist es mal wieder aller, aber auch aller höchste Zeit, zu schreiben. Der letzte Eintrag ist aber auch schon so lange her, dass ich mich nicht mal daran erinnern kann! Es ist aber auch nicht viel wirklich besonderes passiert worum man mich beneiden könnte. Obwohl ich mehr Zeit habe als sonst, habe ich weniger geschrieben (außer einige lange Mails).

Ich werde immer mehr Teil vom Business des Café DiPHerent. Ich mache hier hauptsächlich Malerarbeiten: Schild, Blachdach, Windschutz und so weiter, sowie Kleinigkeiten wie Hocker abzuschleifen oder Kies von A nach B zu schieben. Doch im Hinterkopf schwelt etwas. Es ist der Gedanke, dass Wwoofen nur eine Nullrunde ist und dass ich gut beraten bin, bezahlte Arbeit zu finden. Also warf ich immer wieder einen Blick auf die aktuellen Jobanzeigen. Ein Job war in Tauranga (anderthalb Stunden von hier) – Bestäuben auf einer Kiwiplantage, 15$ die Stunde, Arbeit nur dann, wenn gutes Wetter ist. Klingt gut? In Wirklichkeit ist dieses Jobangebot eine Farce!

Jobsuche in Neuseeland

“Die Neuseeländische Industrie ist auf Backpacker angewiesen.” Dieses Zitat möchte ich im Folgenden erörtern und mit eigenen Erfahrungen verquicken. Das tue ich, weil viele Internetplattformen, Blogs oder Reiseanbieter dieses illusionieren, was zur Desillusionierung der Backpacker führt, was magnifikante Folgen haben könnte. Doch dazu später.

Neuseeland verspricht zwar sicheres Reisen, die Leute wollen einen aber trotzdem immer verarschen, das ist die Goldene Regel bei der Jobsuche.
Nehmen wir diesen werten Herren Ken mit dem Kiwi-Job als Beispiel. In der Jobanzeige steht: ich muss in seinem Hostel untergebracht sein. Es ist ein sog. Arbeitshostel, das Arbeit vermittelt. Sie können sich ihrem Klientel sicher sein, unter Backpackern wird genommen, was da ist. Ihre Masche ist: du musst erstmal kommen, damit du Arbeit vermittelst bekommst. Das dauert dann so eine Woche (die du voll bezahlen musst), danach kannst du mit Glück anfangen und zu guten Preisen übernachten.
Im Fall Ken gab es Folgenden Nachteil. Er schrieb mir auf Anfrage, dass die Plantagen 15-40 km entfernt sind. Lasst uns folgende kleine Rechnung machen.
(15+40) : 2 = 27,5 km eine durchschnittliche Tour (Schätzung) x 2 für Rücktour sind 55 km jeden Tag.
Angenommen ich arbeite 40 h pro Woche, 5 Tage, dann macht es 55 x 5 x 4 = 1100 km im Monat.
Mein Auto verbraucht so 15 l auf 100 km, also 1100 : 100 x 15 = 165 Liter im Monat, was bei Momentanen Spritpreisen mehr als 330 Dollar sind.
Ich fahre fort:
Die Kosten für das Hostel betragen 130 Dollar pro Woche, nicht schlecht. Für Essen kann man, sofern man sich gesund ernährt, so 70 bis 100 Dollar einplanen. Weitere Highlights wie Waschen, Sachen, die kaputt gehen, Haushaltskram, WiFi und so weiter rechne ich unter Spesen, macht 30$. Dazu würde ich nochmal 30$ Puffer addieren, für Besondere Fälle. In der Summe sind das 260 bis 300$ pro Woche. Wenn man Raucher oder Alkoholliebhaber ist oder auch Gitarrist, der neue Saiten braucht – bitte, rechne etwas drauf, es ist ja genug für Alle da.
Allerdings, wenn alles gut läuft, arbeitet man nur 40 Stunden (mehr ist möglich, aber denkt an das Wetter). 40 x 13 (Steuern) = 520 pro Woche, weniger 300 sind 220, weniger die Spritkosten macht es pro Monat 550$ Netto. Damit kann man höchstens 2 Wochen ohne Arbeit finanzieren. Wenn man einen sehr bescheidenen Lebenstil hat, gehen auch mehr.
Meiner Meinung nach lohnt sich das nicht. Das wissen die Hostelbesitzer auch. Warum machen sie es trotzdem? Weil sie immer Idioten fnden. Warum? Weil die Jobs sehr rar sind.
Die Arbeitslosigkeit liegt bei 6%, es gibt Gegenden, wo die Einhemischen jeden Job nehmen. Hinzukommen Schüler, die dir als Kellner Jobs wegnehmen.
Als Kellner brauchst du immer Erfahrung und gute Sprache, aber der Job ist nichts für jeden. Die Arbeitgeber haben eine große Auswahl an Menschen und daher hohe Aforderungen.
Die Industrie braucht keine Backpacker als Arbeiter, aber sie braucht sie trotzdem. Denn das Backpackertum ist ein wichtiger Wirtschaftszweig in Neuseeland. Ohne die Deutschen müsstem etliche Hostels und touristische Zielpunkte schließen. Noch profitiert Neuseeland von der Übersättigng, aber sollte diese Übersättigung und die damit einhergehende Desillusionierung sich in Deutschland rumsprechen, so ist der Wirtschaftszweig gefährdet, sollte der Strom junger Deutscher wegbrechen.
Selbst Wwoofing ist schwierig. Es ist total überrannt – Christine bekommt 5 Bewerbungen pro Tag, Tendenz steigend. Die meisten sind Deutsche und Christine ist sehr genervt von Deutschen, wie viele in Neuseeland. Neuseeland ist das 18. Bundesland (nach Mallorca, dem 17.) der Republik.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Industrie zwar von den Backpackern abhängig ist, jedoch als Kunden, nicht als Arbeiter!

Ein komischer Besuch

Heute kam eine Frau ins Café, die Christine kennt. Christine erzählte ihr, dass ich klassischer Gitarrist bin. Sie sagte darauf: “Ok, ich bringe dich auf zwei zu Paul McCarthy”
Ich war total platt. Warum? Wieso sollte dorthin? Nun ja, das ist halt eine musikalische Familie. Ok, na gut, dann komme ich halt dorthin. Aber ich wusste immer noch nicht, wieso und warum.

McCarthy ist ein Farmer und liebt klassische Musik, mag auch recht musikalisch sein, was aber nichts an seinem verstimmten Flügel ändert. Zuerst hat er mir seine Kühe gezeigt, 250 Stück auf über 155 Hektar. Wir haben die Kühe mit dem Quad zum Melkstall getrieben, wo ich auch mal den Saugapparat an die Euter propfen durfte. Ich war aber sehr unsicher. Von Kuhärschen umringt zu sein, die jeden Moment einen Scheißstrahl auf dich absenden können, ist verstörend. Ebenso die Tatsache, dass die Kühe von oben bis unten mit Scheiße beschmiert sind, es stinkt und es allgemein recht hässliche Tiere sind.
Danach zeigte mir Paul seinen Garten, 6 Hektar, mit französischen Pflanzen (er ist Frankreich-Liebhaber) und über 60 (!) Magnolienbäumen, deren Blüten zum Teil groß wie ein Autoreifen werden. Ein wunderschöner Garten.
Der Besuch war aber immer noch komisch. Endlich kamen wir zur Musik, ich habe ihm was vorgespielt, er fand es schön, er hat mir was auf dem Klavier gespielt (Erster Satz der Kinderszenen). Dann hat er mir noch zwei CDs ausgeliehen.
Christine hat mich abgeholt.
Ist das nicht komisch? Allison (Name der Frau, die mich dorthin gebracht hat) bringt mich dorthin, ich weiß nicht wieso. Keiner der Beteiligten ist vorbereitet. Am Ende hatte Paul mehr davon als ich, glaube ich. [Anm. d. Hrsg.: Paul McCarthy war gerade operiert worden und so war der Besuch doch eine nette Geste.]

Heute haben wir dann auch noch Ketka und Wazlaw verabschiedet. Christine war sehr zufrieden mit den beiden, die ca. zwei Monate hier waren. So sehr, dass sie ihnen 400 Dollar in der Woche gegeben hat. Doch sie war recht enttäuscht, dass der Abschied recht schmal ausfiel: “Ihr Zimmer haben sie nicht aufgeräumt und die Bettwäsche hätten sie auch waschen können. Nichtmal eine Dankesgrußkarte haben sie mir hinterlassen.”
Tja, die haben jetzt anderes zu tun (zumal sie frisch verlobt sind – Wazlaw bot am Strand bei Whakatane um Ketkas Hand an).